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Sonntag, 11. Dezember 2011

Der Duft einer Po-Diva

Er gilt als einer der besten Flakondesigner Deutschlands, Lutz Herrmann, so die investigative Recherche des Kaufhof-Magazins „Galeria“. Der so genannte „Herr der Flaschen“ habe Parfümgefäße für die Düfte von David Beckham, Kate Moss und Beyoncé gestylt. Und auch den Flakon für Kylie Minogue.
Dieser hat es in sich. Oder an sich. Oder für sich. Doch dazu gleich. Eigentlich existieren bei der Entwicklung eines neuen Flakons zunächst nur „Name und Vorstellungen des Auftraggebers, welchen Charakter die Essenz und deren Hülle besitzen sollen“, so die Galeria-Reportage. Parfümeure würden den Duft oft parallel zu Herrmanns Arbeit entwickeln.
Das, was bei der Entwicklung des Duft-Flakons von Kylie Minogue herauskam, könnte die Welt in Atemnot versetzen. Die Flasche hat die Form eines Pos. „Es gibt Flakons, die perfekt zu ihrem Parfüm passen“, gesteht Flaschenkreateur Herrmann ganz grundsätzlich. Hoffentlich trifft das nicht auf Kylies neuen Geruch zu. Wer mag sich denn ein Parfüm kaufen, das nach Kylies Po duftet?

Tja, ein echtes Eau de Toilette...

Dienstag, 6. Dezember 2011

Ratingagentur Standard & Poor's verliert Bestnote

Höchste Zeit, dass der Anfang gemacht wird: Jok-Blog hat einstimmig beschlossen, die einst renommierte Ratingagentur Standard & Poor's (SP) herabzustufen. Erneut hat SP heute ihre Unfähigkeit bewiesen: Noch bevor SP offiziell publizierte, dass auch Deutschland mit dem Verlust des AAA-Ratings zu rechnen habe, ging die Nachricht bereits bei mehreren Marktteilnehmern um. Damit hat die Verratingagentur die juristische Voraussetzung für Informationsvorsprünge einzelner Händler geschaffen. Heißt es.

Standard & Poor's hat sich schon mehrfach in der Vergangenheit erfolgreich durch Inkompetenz hervorgetan: Bei der Herabstufung der USA haben die professionellen Geldschätzer einfach zwei Billionen Dollar übersehen. Die Börsenaufsicht SEC soll eine Untersuchung der Rechenmethoden eingeleitet haben, schrieb das Handelsblatt. Jok-Blog ist schneller als die Börsenaufsicht und kommt zu dem Schluss, dass sich die Manager bei SP standardmäßig zu verrechnen scheinen. Und das liegt nicht an den Rechenmethoden. Da ist ja ein Dieter Bohlen als Juror glaubwürdiger.

Vor einem knappen Monat erst hatte die Rattenagentur bekanntlich Frankreich herabgestuft. Französische Staatsanleihen verbuchten daraufhin die größten Wertverluste seit Einführung des Euro. Dabei war für die Herabstufung anscheinend ein Computerfehler verantwortlich.

Sollten bei Standard-Fools weitere Computerfehler für Hoch- und Herabstimmungen sorgen, wird Jok-Blog diese sogenannte Ratingagentur weiter zurückstufen. Was bedeuten würde: Sie ist mir noch mehr egal!

Samstag, 3. Dezember 2011

Bier für Bushido

Nein, der umkippende Jever-Typ da in den nordischen Sanddünen, der sollte kein Vorbild sein für die Werbekampagne, die einer der größten Bierbrauer Deutschlands geplant hat. Zwar kennt ihn jeder, den Jever-Mann. Und die Werbung war auch erfolgreich. Obwohl, wie es heißt, diese umfallende Werbung keinem Test hätte standhalten können - und dass es damals auch intern Streit gegeben habe, weil man in der entscheidenden Szene einen Sturz-Besoffenen (Betonung auf Sturz) hätte interpretieren können. Heißt es, wie so vieles in der Branche gerüchtiert wird.

Die neue Kampagne, die eine renommierte Biermarke geplant hat, sollte anders sein als dieser Jever-Mann, weil, ganz klar, der Dünen-Mann so einsam sei. Und die Zielgruppe der großen Biermarke seien doch keine einsamen, verklemmten Bier-Kipper, sondern Gesellschaftstrinker. Der neue Spot sollte was mit Freundschaft zu tun haben.

Die nicht minder bekannte Werbeagentur freute sich an ihrer Aufgabe und drehte einen wunderbaren 30-Sekünder mit zwei biertrinkenden Freunden. Hoch emotional inszenierte der Film Attribute wie Freundschaft, Vertrauen, Gemütlichkeit. Der Bierbrauer schaute sich das Werbewerk an und entschied: Geht nicht.

Wieso denn nicht?, folgte die entsetzte Frage der Kreativen. Weil da nur zwei Männer trinken, war die Antwort. Das sei doch das Gute, betonte die Agentur.

Doch der Bierbrauer war anderer Meinung: "Zwei Männer? Das ist doch Bierwerbung für Schwule", begründete der Marketingchef in Bushido-Sprech. Und meinte es ernst.

Der Spot wurde neu gedreht. Genau der gleiche Film. Diesmal mit drei Männern. Er ist jetzt im deutschen Fernsehen zu sehen. Bierwerbung für Bushido & Co. Für den typischen Deutschen eben.

Samstag, 26. November 2011

Stuttgart 21: die Jeinfrage!

Die Nervosität ist groß, im Ländle. Es geht um die bislang wohl wichtigste Entscheidung der Kehrwochenschildbürger. Es geht um das Ja. Und um das Nein. Wobei das Nein ein Ja ist und das Ja ein Nein. Denn es geht um Stuttgart 21, um Kopf oder Zahl, also um Kopfbahnbhof oder Zahlbahnhof. Ja nein, wer Stuttgart hört, versteht seit langem nur noch Bahnhof.

Morgen ist die Volksabstimmung über das - wörtlich: S 21 Kündigungsgesetz. Die Gesetzesvorlage, die den Schwaben in der Wahlkabine vorgelegt wird, hat folgenden Wortlaut:

"Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S 21 - Kündigungsgesetz) § 1 Kündigung der Vereinbarungen. Die Landesregierung ist verpflichtet, Kündigungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württemberg für das Bahnprojekt Stuttgart 21 auszuüben. § 2 Inkrafttreten. Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft."

Der volljährige Schwabe darf dann mit einem einzigen Kreuz geizen. Er muss es bei Ja oder Nein setzen. Was aber bedeutet Nein? Was Ja? Ein Wahlplakat am Charlottenplatz in Stuttgart klärt auf: "Park oder Gleis? Nein!" Alles klar? Nicht? Gut, dass heute noch Buttons verteilt wurden. Mit einem Ja darauf. Klein gedruckt hieß es: "Ja für S 21".

Dumm nur, dass der- oder diejenige, derdiedas Ja für S 21 wählen will, ein Nein ankreuzen muss. Nur wer Park oder Gleis will, der darf beide Kreuze machen, für ein klares Jein!

S 21 steht für 21 Prozent Sicherfalschwähler.

Sonntag, 13. November 2011

Gefahrguttransport mit der Deutschen Post

Normalerweise machen es Omis mit ihren Enkeln. Doch auch in der Werbebranche ist mir dies nun passiert: Ein sehr guter Freund, der junge Menschen zu Berufskommunikatoren ausbildet, schickte mir eine Karte zum Geburtstag - darin enthalten ein Geldschein, fette fünf Euro. "Du bist doch Schokoladenfreund. Kauf dir eine gute Tafel!", schrieb der Freund. Wie einst meine Omi.

Nur: Die Deutsche Post spielte nicht mit. Sie überlegte sich gut, ob der wertvolle Inhalt dieses Schreibens bei Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen überhaupt gefahrlos durch Bayern transportiert werden könne. Wenn sich das rumspricht, etwa durch Blog-Einträge, man denke nur an die großen Postraube...

Exakt 35 Tage ließ sich die Post für den heiklen Geldtransport Zeit. Dann kam das Barvermögen an, im verschlossenen Umschlag, der wiederum in einem Umschlag der Deutschen Post war - Sicherheit geht vor. Sogar ein Begleitschreiben des Kundenservices Brief war dabei, der mit dem eindrucksvollen Satz begann: "Uns liegt eine Briefsendung vor, die wir Ihnen zuordnen konnten."

Das war wahr. Weiter hieß es: "Standardbriefe sind eine preiswerte Möglichkeit, schriftliche Mitteilungen zu versenden. Sie eignen sich jedoch nicht für den Versand von Bargeld oder Wertgegenständen. Deshalb schließen unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bargeld als Inhalt von normalen Briefen aus."

Uups. Woher aber wusste denn die "Mail & Logistic Group", wie es auf deren Brief heißt, dass so viel Geld in diesem Umschlag war. Man konnte es nicht ahnen - selbst, wenn man den Brief mit der hellsten Lampe durchleuchtete. Das bleibt für mich ein offenes Briefgeheimnis.

Schön jedenfalls ist der Schlusssatz des DHL-Geldtransporteurs, man bedenke, 35 Tage nach Absenden des wertvollen Briefes: "Wenn wir Sie weiterhin zu unseren zufriedenen Kunden zählen dürften, würden wir uns freuen."

Mittwoch, 9. November 2011

Burger King: Jetzt kaufen!

Wie so oft, wenn ich das freundliche Büro-Hochhaus im Münchner Osten abends verlasse, zwingt mich der Hunger zu Esso-Tankstelle oder Burger King. Esso hat öliges Thunfischzeugs auf läbbrigen Toastscheiben oder sogenanntes Chicken Tandori in dreieckigem Plastik verpackt zu Wucherpreisen im Angebot und den Nachteil, bereits um 23 Uhr zu schließen.

Burger King hat arbeitnehmerfreundlich bis 1 Uhr nachts geöffnet und einen Drive-in, um Whopper & Co quasi während der Heimfahrt inhalieren zu können. Mein Nachteil: Eine Bestellung bei einem Fastfoodladen ist für mich Hochstress. Schon beim Gedanken an die Blechstimme des Bestellannehmkastens werde ich nervös, dann ständig dieses "Mit Käse, mit Schinken, mit Gurke...?", obwohl ich doch klare Regieanweisungen gebe.

Hoch konzentriert fahre ich neulich zum Drive-in-Bestellgerät. "Ihre Bestellung bitte!" Ich verlange wörtlich: "Einen Burger King bitte". Die Antwort: "Mit oder ohne?" Darauf von mir ein klares "Ohne!"
"Sie wollen also einen Burger King ohne Mitarbeiter kaufen?"

Sonntag, 6. November 2011

Der hybride Traum

Es war das große Thema des Jahres, bei den Medienmenschen: Hybrid-TV. Man sieht darin langfristig große Erlöse, im Zusammenspiel mit Online und Fernsehen. Werbeerlöse und Vertriebserlöse. Paid Content wird jetzt in völlig neuen Zukunftsdimensionen vergöttert. Szenarien wie das unmittelbare Ordern von Produkten aus dem Werbespot heraus, per Click von der Couch aus, wurden durchgespielt und sind längst auch technisch umsetzbar.

Diese scheinbar offensichtlich sinnvolle Verschmelzung von Internet und TV feierte man auf mehreren Branchenveranstaltungen, etwa der IFA in Berlin oder auch den Medientagen in München. Große Reden wurden dazu geschwungen. Schöne Texte, so auch von ProSiebenSat.1-Vorstand Thomas Ebeling.

Doch wie sieht es zuhause aus, bei einem Fernseh-Chef wie Thomas Ebeling? Schaut er schon richtig hybrid? Vorbildlich? "Ich sitze noch mit dem Laptop auf den Knien vor dem Fernseher", gibt er gegenüber der neuen Zeitschrift LEAD digital unverblümt zu. Und er nennt auch den Grund: Seine bevorzugte TV-Marke sei ein "Late Follower".

Seine Marke ist Bang & Olufsen. Da heißen Fernsehgeräte etwa "Beo Vision". Und der Slogan des Designgeräteherstellers lautet: "Von unseren Träumen in Ihr Leben." Und das sind keine hybriden Träume.

Samstag, 22. Oktober 2011

TV-Chef kündigt Terrorakt an

Die Medientage München, Vanity Fair der Medien-Manager, lockte an den drei Tagen diese Woche rund 5000 Menschen an. Die meisten von ihnen, so schien es, weil sie selbst auf einem Podium mit einer Sprechakttheorie auffallen wollten.

Ein Geschäftsführer eines Fernsehsenders wollte in besonderer Weise auffallen: Vor seinen eitelsten Freunden kündigte der Eitle an, sein Panel zu sprengen. Er wollte als Enfant Terrible in die Annalen der 25-jährigen Geschichte der Medientage eingehen und für eine Art medialen Terrorakt auf dem Podium sorgen.

Gleich zur Einstiegsfrage sagte er, dass er die Frage doof fände. Wow! Während der Podiumsveranstaltung hielt er sich zurück. Und bei der Abschlussfrage, die irgendwas mit Zukunft und Wünschen zu tun hatte, grinste er breit, machte eine lange Pause und sagte zum Publikum: "Ich finde es toll, wie jetzt alle zu mir gucken und warten, was ich jetzt sage..." Er schien also kurz davor zu sein, die Bombe platzen zu lassen und beendete seinen Auftritt mit den Worten: "Schaut meinen Sender!"

Das war wohl eher eine Art Selbstsprengung. Aber die vermutlich authentischste Art, seinen Sender so zu repräsentieren, wie er ist: Inhaltslos!

Sonntag, 16. Oktober 2011

Alte Gags zu verkaufen

Wollten Sie schon immer mal wieder alte Gags hören? Vergilbte Kalauer, olle Witze? Der Radiosender SWR3 hat damit geworben, an diesem Wochenende wieder alte Gags zu spielen. Alte Gags, die Sie längst wieder hören wollen. Geworben? Gedroht! Gewalttätigt!

Alte Gags im Radio zu spielen ist mutig. Oder billig. Oder fahrlässig. Im Prinzip ist es doch so, als würde eine Zeitung alte Nachrichten abdrucken. Oder als würde ein Fernsehsender alte Wetterberichte zeigen. Die wären in diesem Sommer sicher beliebt gewesen. Auch Radiosender könnten der Gesellschaft Gutes tun. Aber nicht mit alten Gags, sondern mit alten Verkehrsmeldungen. Zum Beispiel die vom Sonntag am Montag bringen. Oh je, das klingt nach altem Gag...

Freitag, 7. Oktober 2011

Danke, Steve, gute Ausbeute!

Die große, weltweite Erschütterung, gestern. Nein, nicht weil Sarah Palin nun doch nicht als potenzielle US-Präsidentin gegen Obama antreten will. Mehr Trauer erzeugte dann doch der Tod von Steve Jobs, dem i-Gott.
Für was wir ihm, dem i-nfach-Macher, dem i-nmalig genialen Menschen zu danken haben, steht in aller Breite auf Foren und in der Presse. Klare Sache, i-pod, -pad, -phone machen Spaß, haben unerreichtes Design, sind ein Paradebeispiel für Hyper-Marketing, sind Fortschritt pur und beeinflussen tatsächlich das Leben in unserer modernen Gesellschaft. Danke, Steve!
So sülzen Politiker und Wirtschaftsbosse in aller Welt Trauerworte zum Tode von Steve, dem echten Daniel Düsentrieb. Das digitale Orientierungsmagazin Wired verfällt auf der Homepage in schwarze Trauer, selbst Feind Samsung und Software-Papst Bill Gates melden sich mit respektierenden Huldigungen, wie wuv.de zeigt. Danke, Steve!
Kein „Danke“ kam aber aus China, genauer gesagt, aus den Fabriken, in denen laut Berichten   Minderjährige an der Produktion von i-Geräten arbeiten, ohne Einhaltung von Mindestlohn, bei oft über 60 Stunden Wochenarbeitszeit. Natürlich ist es für manche Mitarbeiter, die in einem chinesischen Werk das i-phone herstellen sollen, nicht leicht, „Danke“ zu sagen, sprangen in diesem Jahr wohl schon mindestens zehn Mitarbeiter lieber in den Tod, als unter den offensichtlich dramatischen Bedingungen ein i-phone zu produzieren. Auch sollen mehrere Dutzend Mitarbeiter so stark kontaminiert sein, dass sie das Alter von 56 Jahren wohl kaum erreichen werden.
In China ist man von einem Euro Stundenlohn noch weit entfernt, was für eine fette Beute. Für wen auch immer. Von wegen Ausbeutung? Dafür sind i-pad & Co ja hierzulande auch so billig. Danke, Steve!
Der Visionär Steve Jobs, der selbst einmal Armut erlebt hatte, der selbst einmal den Müll nach Pfandflaschen durchkämmte, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, äußerte sich erst jüngst zu den Arbeitsbedingungen im südchinesischen Shenzhen, als er von den vielen Selbstmorden erfuhr. Er würde die Bedingungen überprüfen, hieß es. Er verwies aber darauf, dass selbst die USA eine höhere Suizidrate hätten. Danke, Steve!
Laut diversen Internetforen habe Apple angekündigt, sich von derartigen Zulieferfirmen zu trennen. Bislang scheint es bei der Absicht geblieben zu sein.
Immerhin haben die Zulieferfirmen, die natürlich auch für andere Computerfirmen arbeiten, selbst gehandelt: Im südchinesischen Shenzhen wurden unter den Fenstern einer Computerfabrik Netze aufgespannt. Sie sollen Herabstürzende auffangen. Ein Netz für die Ausgebeuteten. Quasi ein Social Net. Danke, Steve!

Samstag, 1. Oktober 2011

Bildsprachlosigkeit

Die Bebilderung von journalistischen Ergüssen ist für Blattmacher oft eine große Herausforderung. Gerade in der Werbefachpresse. Wie wollen Sie Themen wie Mediaplanung abbilden? Oder Trading? Oder Realtime Bidding? Oder auch nur Quoten?

Aber auch Tageszeitungen und Zeitschriften haben es nicht immer einfach. Zum Beispiel, wenn es um die visuelle Umsetzung des Themas "Private Vorsorge" geht. Einfach Geld, Gold und Immobilien zeigen? Wie langweilig.

Eine durchaus überraschende Inszenierung boten die lieben Kollegen der Süddeutschen Zeitung. Zu Themen wie "Vollmachten bei Demenz oder im Todesfall", "zusätzliche Altersvorsorge" oder "Absicherung von Pflegeversicherung" zeigten Deutschlands beste Zeitungsmacher etwas, was garantiert noch nie zu diesen redaktionellen Inhalten abgebildet wurde: Ukrainische Topmodels.

Die Bildunterschriften lasse ich weitgehend unkommentiert - wie gesagt, es geht um "Private Vorsorge".
Beispiel 1: "Jung und schön - das sind alle Teilnehmer beim ukrainischen Friseur-Wettbewerb. Doch was, wenn diese Güter schwinden? Nur frühe Vorsorge hilft."
Beispiel 2: "Kurz oder lang - die Meinung gehen da auseinander. Auch die Resonanz auf staatliche Förderprogramme ist unterschiedlich." Da gehEN Meinungen wirklich auseinander.
Beispiel 3: "Hochhinaus - eine solche Turmfrisur ist ein Hingucker, aber nicht alltagstauglich. Ähnliches gilt für eine vernünftige Immobilienanlage."
Beispiel 4: "Gel und Glitzer: Manche Effekte halten nicht ewig. Auch der Goldanteil im Depot muss immer wieder überprüft werden."

Als Blattmacher lerne ich, dass man ukrainische Frisuren zu allen Themen abbilden kann, also auch zu Mediaplanung, Trading und Quoten.
Als Leser lerne ich daraus, dass die beste Altersvorsorge ukrainische Models sind. Aber Vorsicht: Nur frühe Vorsorge hilft.

Montag, 26. September 2011

Unfreiwillige Wortkombination

Mit der Platzierung von Anzeigen können durchaus merkwürdige Konstellationen passieren. Etwa durch das - aus Werbersicht - redaktionelle Umfeld von Anzeigen. Wenn also zum Beispiel neben einer Störungsmeldung eines Atomkraftwerkes ein Energiekonzern mit "Vertrauen" wirbt.

Werbung für Ass-Licker?
Doch auch bei Kleinanzeigen, etwa von Immobilienmaklern, kann es zur unfreiwilligen Komik kommen. So diese Woche im Winnender Wochenblatt. Da wirbt die Firma Licker Immobilien neben dem Unternehmen Class Hausbau. Das an sich klingt nicht komisch.

Komisch wird es erst, wenn man die Anzeigen sieht, so wie sie platziert sind, also nebeneinander: Man lese ab dem ganz großen A: "ASS" neben "Licker". Ja, das steht da, schwarz auf weiß - oder vielmehr weiß auf schwarz in schwarzem Balken. Honi soit qui male y pense...

Samstag, 17. September 2011

Offen für alle Welt

Der Italiener an der Ecke, hat der eigentlich geöffnet, heute? Und der Fensterbauer, wann schließt der denn, damit wir unsere kaputte Scheibe mal reparieren lassen können? Dank Internet ist es ja kein Problem mehr, das zu recherchieren, Click - Click, schon weiß man, wann alle Welt geöffnet hat.

Leider sind aber nicht alle Kleinunternehmer, Gastronomen, Handwerksbetriebe offen für alle Welt. Immer noch haben selbst etablierte Firmen keine Homepage. Und wenn, dann nutzen sie das Internet einfach nicht richtig, um über ihr Tun, ihr Dasein und ihre Öffnungszeiten zu informieren.

Der Italiener, immerhin, hat eine Homepage. Statt Fotos von seine Räumlichkeiten zu zeigen, sind dort nur Fotos von einer uralten Frau in einem uralten italienischen Dorf zu sehen. Und unter Öffnungszeiten heißt es: "Dienstag geschlossen".

Auch der Fensterbauer hat eine simple Homepage. Hier heißt es unter Öffnungszeiten wörtlich: "Keine Öffnungszeiten vorhanden."

Sonntag, 11. September 2011

Szenen zum 11. September

Man könnte es als spannend interpretieren, was man sieht, wenn man zum zehnten Jahrestag des 11. September in eine Fernsehzeitschrift schaut. Der Tatort in der ARD, Rosamunde Pilcher im ZDF zur Primetime, ok. Männersache auf RTL mit Mario Barth, soso. Transformers auf ProSieben und die Vulkan-Apokalypse auf RTL II.

Nein, das kann man nicht verurteilen. Das Urteil über all die Formate kann eh nur eine fällen, meine TV Movie: "Anklagendes Finale voller Dramatik" wird der Tatort beurteilt, mit den Worten "gigantisch gutes Trickfeuerwerk" der Film Transformers, "gnadenloser Humor" wird Mario Barth unterstellt.

Natürlich bieten die Sender auch jede Menge Filmmaterial und Interpretationen zum Terroranschlag. Das TV Movie-Urteil zu "9/11 - Die letzten Minuten im World Trade Center" auf RTL ist kurz und knapp ausgefallen. Dafür aber mit der bestmöglichen Bewertung, die TV Movie zu bieten hat. Es heißt hier aber nicht "klasse", "clever" oder "stark" wie bei den Filmen drumherum, sondern, höchstes Lob: "Grauenhafte Szenen".

Mittwoch, 7. September 2011

Kinderausverkauf!

Natürlich können sie nerven, stinken, laut sein. Ihr Unterhalt ist durchaus kostspielig, ihr Unterhalt-ungswert dafür umso wertvoller. Kinder sind so verletzlich (fast wie Männer), mit zunehmendem Alter können sie aber auch verletzbar sein. Kinder wachsen immer dann, wenn sie neue Klamotten haben, so dass sie immer zu kleine Kleidung tragen. Kinder haben unaufgeräumte Zimmer, klebrige Hände und spielen Nintendo. Das alles kommt der Wahrheit schon recht nahe.

In der Werbung dagegen sind Kinder blitzblank sauber, angenehm frech, perfekt genormte Kleinstbürger. In Studien von Verlagen und Fernsehsendern werden sie als solvent dargestellt, als markenbewusst, als konsumfreudig. Kurz: Kinder kaufen gern.

In Leipzig: Kinder zu Schleuderpreisen
Kinder kaufen? Gern! Wer will das nicht gern, Kinder kaufen? Ein Geschäft in der Leipziger Innenstadt wirbt mit dem Schild: "Kinder 30% bis 50%". Soll heißen, Leipziger verkaufen allerlei Kinder zu Rabattpreisen? Nur, weil sie nerven, stinken, laut sein können?

Oder heißt die potenzielle Klientel des Leipziger mutmaßlichen Kinderhändlers Nike, H&M oder Zara? Nein, das kann natürlich nicht sein, sonst würden wir diesen Marken womöglich Kinderarbeit unterstellen. Dabei sollen das doch so liebevolle Arbeitgeber in Indien bzw. Südamerika sein. Wo es nie zu Problemen kommt.

Freitag, 26. August 2011

Loriot: Abschied mit Zeugnis und Spaß!

Natürlich ist es nicht einfach, mit einem Todesfall umzugehen. Erst recht nicht, wenn es um einen Prominenten geht und um Öffentlichkeit. So war es in den vergangenen Tagen auch beim Tod von Vicco von Bülow alias Loriot. Humor und Trauer, wie kriegt man das unter einen Hut?
Die gesamte Tagespresse – bis auf die Wirtschaftstitel – nahm Loriot auf Seite 1 mit und quälte sich mit humoristischen Anspielungen. Angefangen mit der FAZ („Er läuft nicht mehr“ – neben dem Cartoon von Loriots Comic-Helden, „ja wo laufen sie denn?“) über die Frankfurter Rundschau („Früher war mehr Lametta“), die hier doch eher nüchterne SZ („Abschied von Loriot“), bis hin zur großformatigen Ausgabe der Welt („Der letzte Vorhang“). Selbst der Bild-Zeitung ist nicht wirklich viel eingefallen: „Loriot tot!“ Unterzeile: „Danke für das Lachen“.
Aber ausgerechnet einer anderen Boulevardzeitung ist es besonders gut gelungen, Loriot stilvoll auf den Titel zu bringen, leise, würdigend, stilvoll: Berlins BZ. Sie zeigte schlicht die leere Couch vor schwarzem Grund auf der gesamten Seite und schrieb darüber nicht mehr als: „Loriot (1923-2011)“. Respekt.

BZ: Ein Leerstück!

Auf dieselbe Idee, die Couch abzubilden, kamen zwar auch die Springer-Kollegen der Welt-Kompakt, doch texteten sie zu plump: „Sein Platz ist leer“.
Nach der redaktionellen Verarbeitung folgten jetzt die Traueranzeigen. Zum Beispiel die der öffentlich-rechtlichen Sender. Charakterisierungen in Todes-Annoncen wirken ja immer ein wenig wie Zensuren. Folgende Beurteilung gaben die ARD-Anstalten in ihrem letzten Zeugnis über Loriot ab: „Einzigartig und unvergleichlich. Komiker, Schauspieler, Karikaturist, Regisseur, Autor, Humorist – oder einfach ein Mensch, der uns zum Lachen brachte.“ Klingt nicht nur gegen Ende ein bisschen so, als ginge es um die vorgezogene finale Beschreibung von Helmut Kohl.
Geschmacklos? Als geschmacklos wird die Anzeige diskutiert, die der Art Directors Club (ADC) in der FAZ ganzseitig schaltete: „Lieber Gott, viel Spaß“. Loriot, einstiger Werbegrafiker und Ehrenmitglied des ADC, hätte an dieser Anzeige sicher seinen Spaß gehabt. Auch wenn er anlässlich seines 85. Geburtstags auf die Frage hin, was auf seinem Grabstein stehen sollte, nach langem Überlegen geantwortet hatte: „Ich denke, der Name wäre günstig!“

Freitag, 19. August 2011

Sascha Lobo und der Buchstabentrick

Die Idee ist so einfach wie genial: Man nehme einen Markennamen, den man neu positionieren will, lasse den ersten und letzten Buchstaben weg und erfreue sich daran, dass man quasi den Marken(namen)kern unangetastet weiterleben lassen könne. So hat der Kreative Sascha Lobo, als er vor langer, langer Zeit noch bei Werbeagenturen arbeitete, für den Kunden VW die Idee gehabt, das Volksrennwägelchen Scirocco in dieser Weise zu bearbeiten. Lobo ging hier sogar noch einen Schritt - ähm, Buchstaben - weiter und ließ vorne wie hinten gleich je zwei fette Buchstaben weg.

Übrig blieb also iroc. Daraus sollte eine Kampagne gestrickt werden mit dem Tenor: I rock... Entsprechend sollte das Model auf den englisch ausgesprochenen Namen hören. Der damalige Vorstand des Automobilriesen soll begeistert gewesen sein, doch musste der VW-Chef damals seinen Hut nehmen, aus anderen Gründen freilich.

Das ist nun schon Jahre her. Kaum einer mag sich an dieses Episödchen erinnern. Wirklich nicht? Dann mag es Zufall sein, dass VW sein jüngstes Mini-Fahrzeug schlicht Up nennt, die verkürzte Form des größeren Bruders L-up-o... Kein Grund zum Ärgern für Asch Ob!

Freitag, 12. August 2011

Mehr Damen per Click

Übersetzungen von Sites im Internet können sehr hilfreich sein. So lässt sich zum Beispiel die Homepage der spanischen Schuhmarke Castañer auch auf Deutsch lesen. Und so lässt es sich entsprechend auch auf Deutsch shoppen.

Wer die erste Reihe Schuhe durch hat, der hat die Wahl: "Mehr braune Schuhe" steht auf dem ersten von drei Buttons. Die weiteren Buttons könnten vereinzelt zu Irritationen führen:

"Mehr braune Damen" kann man etwa per Click mit dem zweiten Button ordern. Und "mehr Damen von Castañer" verheißt Clickoption Nummer 3. Aha. Vielleicht handelt es sich ja gar nicht um einen Übersetzungsfehler, sondern um eine schäbige, kriminelle Frauenhandelsorganisation. Oder es ist eine dieser Fallen vom BND oder der Internetpolizei...

Wie komm ich da bloß raus aus der Nummer? "Nein, Herr Beamter, ich hatte nie vor, mit Damen Handel zu betreiben... Ich wollte nur Schuhe bestellen!" Die Antwort der Behörden könnte lauten: "Die Seite war doch wohl klar genug formuliert. Schuhe kaufen, was für eine armselige Ausrede. Dabei war die Site doch extra ins Deutsche übersetzt worden!"

Dienstag, 9. August 2011

Geiles Aachen

Ja, es ist bekannt, dass die Elektromärkte von Saturn Probleme haben. Nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit ihren Kunden, vor allem dann, wenn diese Online-affin sind. Denn online Elektrowaren bestellen, zum Beispiel Computer, das ging bislang nicht.

Wer es dennoch wagte, die Online-Seiten der Saturn-Kette zu besuchen, der konnte sich über individuell zugeschnittene Sonderangebote erfreuen. Individuell, nein, da ging es nicht um die Interessen des Kunden, nicht um eine Selektion nach Mann und Frau, individuell war lediglich der Ort des Händlers, der um einen werben durfte. So viel Technik bei einem Technikriesen.

Da ich mich aufgrund meiner vielen Wohnorte, Winnenden und München, nicht für einen ganz bestimmten Händler entscheiden wollte, klickte ich bei Saturn.de sofort auf "Los". Ja, dann ging es los - und es lässt mich auch nicht mehr los: Ich erhalte sämtliche Angebote und Informationen vom Saturnmarkt aus Aachen. Dem an oberster Stelle genannten Saturn-Markt. Nicht, dass mir Aachen völlig egal wäre... Doch, zugegeben, es ist mir völlig egal. Zumindest die Angebote des Saturnmarktes von Aachen. Also schrieb ich der Kundenbetreuung.

Die Antwort kam. Mein Problem war dort bekannt. "Wir wollen unseren Kunden damit den schnellen und direkten Zugriff auf ihren Lieblingsmarkt sichern. Leider hat dies auch die Auswirkung, dass unsere anderen Standorte nicht mehr ausgewählt werden können." Das steht da. Wörtlich. Als Antwort.

Ausführlich erläutert Saturn in der gut 30-zeiligen Mail, wie sich diese widerspenstigen Cookies je nach Browser löschen lassen. Bei der sechsten Zeile dieser liebevollen Regieanweisungen gab ich auf. Ich wollte aber nicht weiter mit Sonderangeboten von Lockenstäben aus Aachen bedroht werden und beschloss, einen neuen Computer zu kaufen. Ich würde ja gerne online bestellen - aber nicht bei Saturn in Aachen. Aachen bleibt Aachen und geil ist alles andere als geil.

Mittwoch, 3. August 2011

Wahl in Berlin: Ausweitung der Retusche-Affäre

Ob ihre Fältchen um die Augen herum sichtbar sind oder nicht, das Strahlen einer Julia Roberts bezaubert freilich auch ohne die kreative Leistung einer Werbeagentur. So gesehen mag die Retusche-Affäre, ausgelöst durch die Werbeverbote der britischen Werbeaufsicht, völlig sinnlos erscheinen.

Noch sinnloser erscheint das Postulat der britischen Werbeaufseher, Gesichter ehrlicher abzubilden. Darf man uns Verbrauchern und Kunden das antun und uns in der bisher so makellosen heilen Werbewelt Menschen vor Augen führen, wie wir sie aus Krankenhäusern und aus Mallorca kennen? Wollen wir wirklich sehen, wie wir selbst aussehen? Warum, bitte schön, sollen wir so leiden müssen?

Ganz radikal dem Schönheitswahn verfallen zu sein scheint ausgerechnet die grüne Spitzenkandidatin der bevorstehenden Berliner Wahl, Renate Künast. Wie sie im Alltagsgebrauch aussieht, zeigt zum Beispiel die Wirtschaftswoche per Click. Wie sie nach der Berliner Retusche-Affäre aussieht, zeigt sie selbst auf Plakat.

Das Face-Tuning, das jede Gesichtserkennungssoftware überlisten würde, soll nicht nur Wählern den Kopf verdrehen - auch den Pfeil ihres eigenen Slogans hat es verdreht. So mag es ihr Arbeitstitel gewesen sein, der auf ihren Kopf zeigte: "Da müssen wir ran!" Dieser Schritt hat ja mit der Bildbearbeitung wunderbar geklappt.

Nun zeigt der Pfeil von Renate Künast unverblümt auf ihre Brüste. Ehrlich gesagt, kommt er jetzt schon etwas frauenverachtend rüber, ihr Slogan: "Da müssen wir ran!" Ist es wirklich das, was die Berliner wollen? Tja, wer die Wahl hat...

Mittwoch, 27. Juli 2011

Wenn Medien Erfüllungsgehilfen von Mördern werden

Nein, es hat sich nichts geändert. Nichts nach Erfurt, nichts nach Winnenden nichts nach anderen Verbrechen. Unaufhörlich schenken selbst seriöse Zeitungen dem Massenmörder von Oslo gigantische Aufmerksamkeit, wie in W&V berichtet. Und sie verteidigen in Kommentaren ihr Tun.

Eine Heroisierung des Täters diesen gewaltigen Ausmaßes hat es in Deutschland bisher kaum gegeben. Stets wird der Name des Massenmörders von Norwegen genannt, stets wird sein Konterfei hemmungslos gezeigt, groß, breit, fett, prominent, oft auf Titelseiten. Auch Fotos mit Waffen. "So wollte er gesehen werden", schrieb eine überregionale Zeitung aus Berlin. "Und wir geben ihm das Forum dafür", hätte der Text weiter lauten müssen.

Denn viele Medien verkennen ihre Verantwortung. Ihnen ist nicht bewusst, wie sie mit ihrer Berichterstattung die Opfer und ihre Angehörigen ohrfeigen. Ihnen ist nicht bewusst, dass sie das nächste große Verbrechen vorbereiten, weil potentielle Nachahmer auch gerne der Held auf Titelseiten sein wollen. Weil sie auch wollen, dass Intellektuelle sich ernsthaft mit ihren sogenannten Manifesten auseinandersetzen. Medien mutieren so zu primitiven Erfüllungsgehilfen von Massenmördern. Wenn es um PR geht, sind Medien zurecht sehr vorsichtig, sehr qualitätsbewusst. Wenn ein Mörder der Welt was sagen will, wird alles huldigend publiziert.

Dass sich die Medienmacher ihrer Macht nicht bewusst sind, ist geradezu symptomatisch für ihr Tun. Gerade Zeitungsjournalisten verhalten sich oft so, als hätten sie keine Leser mehr. Und denken, dass Mörderbilder und -worte eh via Internet verbreitet würden. Wow. Was für eine Haltung. Das ist in etwa so, als würden TV-Sender jetzt Hinrichtungen live im Fernsehen zeigen, weil die Bilder doch eh ins Internet gelangen. Und weil Hinrichtungen die Quoten erhöhen.

Dieses natürlich völlig überzogene Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass Journalisten selektiv vorgehen müssen. Das aber können sie nur, wenn sie eine gute Ausbildung genossen haben. Darin liegt ein Teil des Problems der hemmungslosen, unreflektierten Berichterstattung: Statt Ausbildung bieten Redaktionen meist Ausbeutung. Junge Journalisten werden für den Einsatz gar nicht vorbereitet. Würden Feuerwehrmänner und -frauen für den Katastrophenfall so geschult wie Journalisten, würde jedes Haus abbrennen.

Es gibt aber auch Hoffnungsschimmer. Die FAS, also Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, hat am Sonntag unmittelbar nach dem Massenmord keinen Täter abgebildet oder zum Helden gemacht. Eine ganz bewusste Entscheidung, wie mir mitgeteilt wurde. Und selbst der skurrile Briefeschreiber Franz Josef Wagner schrieb in Bild: "Ich glaube, die höchste Strafe für den Attentäter wäre die Bedeutungslosigkeit. Nicht mehr über ihn berichten, seine Fotos nicht mehr zeigen, seine wirren Ideen nicht mehr im Internet zu lesen..."

Ob es nun Strafe für den Attentäter wäre, ist nicht der Punkt. Vielmehr geht es um die nächsten Attentate. Um die Abschaffung medialer Anreize, Massenmorde zu inszenieren. Beihilfe zum Mord ist strafbar. Nicht jedoch für Journalisten.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Der Motivations-Loser

ProSiebenSat.1 lud zur "Summertime" in die Alte Kongresshalle nach München. 400 Gäste, Werbekunden und Mediaplaner, dazwischen ein paar Top Models gestreut, Moderatoren und sonstige Sternchen. Präsentiert wurde das Programm der kommenden Monate. The Voice etwa oder anderes völlig neues Casting. Oder Filme wie "die Rache der Wanderhure". Oder auch die "Heimkehr" von Harald Schmidt, der "stolz darauf ist, keine mediale Wanderhure zu sein".

Ein Mitarbeiter von ProSiebenSat.1 erlebte eine sonderbare Begegnung. Vor der Halle, beim Rauchen. "Hi!" "Ach du...?" Schnell stellte sich heraus, dass die beiden sich kennen. Von der Schule. 14 Jahre lang haben sie sich nicht mehr gesehen. Seit der Schulzeit in Neuss bei Düsseldorf. Der ProSieben-Mann hat seinen einstigen Mitschüler nicht so schnell erkannt. Klar, er war damals richtig fett. Heute nicht mehr. "Und was machst du hier?", wollte ProSieben wissen.

Der Ur-Schulfreund hatte keine Zeit mehr, er musste gleich auf die Bühne. Carl Werner hat nämlich gewonnen. Weil er verloren hat: 59 Kilo. Platz 1 bei der Sendung "The biggest Loser". Gratulation! Er hat es geschafft. Seither arbeitet er als Motivationstrainer.

Dienstag, 19. Juli 2011

BMW weiß, was Frauen wünschen

In Frauenzeitschriften, klar, wird auch für Autos geworben. Für kleine Autos halt. Zweitwagen. Einkaufswagen. Kinderwagen. Aber doch nicht für richtige Autos. Autos sind Männersache. Frauen können doch nicht einmal Marken unterscheiden. Oder gar Modelle?

So in etwa mag die Werbewirtschaft denken. Und sicherlich kann sie ihre Vorurteile mit Wissenschaft begründen. Forschung, für deren Ergebnisse sie zahlt. Auftragswissenschaft.

BMW jedenfalls wagt sich mit einer Doppelseite für einen fetten BMW in die aktuelle Ausgabe der ELLE. Ist das der Durchbruch der Werbe- oder Autozunft? Für welches Modell wirbt denn BMW in der Anzeige? Ähem, das kann Mann kaum erkennen. Ist das ein 3-er? Oder doch ein 5-er? Das ist auf dem Werbemotiv nicht klar zu sehen. Ist aber frau auch egal. Um was geht es denn da, in der BMW-Anzeige?

"Wir denken auch beim Rückwärtsfahren voraus", heißt die Headline. Ja, richtig interpretiert, es geht um das Einparken. Weil Zielgruppe Frau. Echt wahr, BMW will Frauen ernsthaft damit überzeugen, einen BMW zu kaufen, weil man damit besser einparken kann. Motorisierung ist völlig egal, auch Spritverbrauch, Sicherheit oder Anzahl von Sitzen oder Schminkspiegeln. BMW geht es um "mehr sehen", "besonders in unübersichtlichen Situationen". Abgebildet ist ein einparkendes Fahrzeug - in einer klar übersichtlichen Situation.

BMW weiß eben, was Frauen wünschen: eine Waschmaschine.

Samstag, 16. Juli 2011

Mail-Check - Haare weg

Wird man von seinem freundlichen Kollegen oder Nachbarn vollgequatscht, weiß man: Der- oder Diejenige war zu lange nicht mehr beim Friseur. Während sich der Amerikaner auf der Couch bei seinem Psychiater die Seele leert, zieht der Deutsche meist seinen Friseur vor.

Mutmaßlich kann das dem Haardesigner bei seinem künstlerischen Schaffen ziemlich auf den Fön gehen. Und da Friseure mit Schere und Rasiermesser durchaus bewaffnet sind, möchte man sich nicht ausmalen, wie das Werk eines überreizten Haarmetzlers enden könnte.

So kam der Friseur Brändle aus dem braven Winnenden auf die Idee, seinen Kunden einfach ein iPad in die Hand zu drücken. In einer Werbeanzeige heißt es: "Wir stylen Ihre Frisur. Sie checken Ihre Mails. Kaufen ein oder schauen einen Film." Zu deutsch: "Sie halten die Klappe!"

Einzige Nebenwirkung: Man wird weiterhin von freundlichen Kollegen und Nachbarn vollgequatscht - auch wenn sie beim Friseur waren.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Hochgeistige Menschenverachtung

Schade: Ausgerechnet die Wochenzeitung „Zeit“, bislang hochgeistige Delikatesse für Intellektuelle, versucht sich in Dossiers, die unterhalb der Kante eines Stammtisches liegen, etwa durch Täter-Heroisierung (damals beim Amoklauf Winnenden), Frauenfeindlichkeit (Kachelmann-Prozess) und Diffamierung mit rassistisch anmutenden Nebenwirkungen (Fall Strauss-Kahn).  
Man muss es selbst lesen, weil man es kaum glauben kann, was die journalistisch so wichtige „Zeit“ schreibt. Mit folgenden Worten wird beschrieben, wie das mutmaßlich vergewaltigte Opfer wohnt: „Die Namen an den Klingelschildern (…) lauten Noel, Gangadeen, Gomez, Borgeson. So klingen Namen von Zugezogenen und Eingewanderten. Von Taxifahrern, Verkäuferinnen, Reinigungskräften. Aber auch Namen von Drogendealern, Geldwäschern, Betrügern. Es ist der Klang der Bronx (…). Wo Legal und Illegal Wand an Wand leben.“
Damit sagt die aktuelle Ausgabe der „Zeit“, dass Zugezogene ganz unten sind. Ganz unten wie auch Taxifahrer und Reinigungskräfte. Wie Dealer und Betrüger. Und damit belegt die „Zeit“, dass das Opfer lügt. Und dass es letztlich an seiner Misshandlung selbst schuld sei. Das Opfer ist schwarz, eine Zugezogene, die ganz klar aus dem Umfeld von Betrügern komme, eine, Vorsicht Zitat, „afrikanische Asylantin, die einen Weg aus ihrer Armut sucht“. Solche Sätze würde sich noch nicht einmal ein rassistischer Kleingeist erlauben.
Das vermutliche Opfer habe also alles nur inszeniert, behauptet die angesehene Hamburger Wochenzeitung einfach mal so. Und habe alles von vorneherein geplant. Von „offenbar krimineller Energie“ spricht „Zeit“-Herausgeber Josef Joffe, um sich wenige Zeilen später gegen „schändliche Vorverurteilungen“ auszusprechen, also gegen seine eigene Glaubwürdigkeit. In einem Fall, in dem es um Lügen geht. Darum, dass bei einer jungen Frau gesammelte Märchen aus ihrer Vergangenheit zusammengetragen wurden, die nichts mit der mutmaßlichen Vergewaltigung zu tun haben – alte Lügen aus alten Kontexten, wie sie bei jedem Menschen problemlos gefunden werden können. Und darum, dass die nachweisbaren Lügen eines möglichen Täters, die unmittelbar mit dem Fall zu tun haben, plötzlich keine Bedeutung mehr haben.
Weil die betroffene Frau eben aus einem schwarzen Lügen-Milieu stammt, das die „Zeit“ so beschreibt: „Wer vor (ihrem) Haus in der Bronx steht, sieht eine dicke schwarze Frau, die sich hoch oben schimpfend aus dem Fenster lehnt.“ Selbst ein SUV, der dort mitten auf der Straße stehe, mit laufendem Motor, sei schwarz. Und die Wohnungstüren seien schwarz gestrichen.
Ganz gleich, wer wirklich lügt, ob Strauss-Kahn oder sein Opfer. Ein Opfer gehört geschützt. Den vollen Namen nennt man nicht. Die Adresse nennt man nicht. Und man berichtet neutral über etwaige Lügen beider Seiten. Nicht nur über eine Seite. Schon gar nicht ausschließlich über die mutmaßlichen Lügen eines Opfers.
Die „Zeit“ macht den mutmaßlichen Täter Dominique Strauss-Kahn zum Opfer. Der Arme musste schon als Elfjähriger ein Erdbeben in Agadir überleben. Ein Mann „mit der Ausstrahlung eines Menschen, der an das Leben glaubt“, der in Paris mit Intelligenz und Witz bezauberte. „Gutes Essen, beste Weine“ wird im selben Kontext genannt – und im selben Satz – wie „Frauen, immer wieder die Frauen“. Klingt wie ein legitimer Nachtisch, den er sich, der Genießer, einfach nehmen darf. Darf er auch, wenn es sich nicht um eine Vergewaltigung handelt.
Dass ein weiteres mutmaßliches Strauss-Kahn-Opfer den Mut findet, jetzt, in dieser Aussichtslosigkeit, auch Anzeige wegen einer versuchten Vergewaltigung gegen Strauss-Kahn zu erstatten, tut die „Zeit“ ab mit den Worten: „Stoff für Spekulationen: (…) Arbeitet Banon (die Klägerin) nicht seit Kurzem für eine Website von Sarkozy-Unterstützern?“
Eine Anmerkung sei erlaubt: Man stelle sich ein Haus vor, irgendwo in Deutschland. Die Namen an den Klingelschildern lauten di Lorenzo, Mascolo und Kalka. So klingen Namen von Zugezogenen und Eingewanderten. Von Taxifahrern, Verkäuferinnen, Reinigungskräften. Aber auch Namen von Drogendealern, Geldwäschern, Betrügern. Es ist der Klang der Bronx. Wo Legal und Illegal Wand an Wand leben. Sind das zweitklassige Menschen? Kann man diesen Menschen vertrauen, kann man ihnen glauben?
„Zeit“-Herausgeber Joffe jedenfalls hat ein Glaubensproblem: Er parallelisiert Literatur wie Effie Briest und Madame Bovary mit dem „sündigen Sex“. Ohne zu merken, dass er dabei das „Fremdgehen“ thematisiert – was doch ein ganz anderes Thema ist als der Vorwurf einer brutalen Vergewaltigung.

Definition von Vergewaltigung:
Vergewaltigung ist nach "Duden Recht" die Nötigung zum Beischlaf oder zu ähnlichen sexuellen Handlungen, die das Opfer besonders erniedrigen, wobei diese mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer dem Täter schutzlos ausgeliefert ist, erfolgen kann[1]. Eine Vergewaltigung bedeutet eine massive Verletzung der Autonomie, des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung und der psychischen Integrität des Opfers und hat entsprechend gravierende psychische Folgen. Die juristische Bewertung ist je nach Land unterschiedlich. In Deutschland wird eine Mitschuld der betroffenen Person juristisch verneint.
Quelle: Wikipedia

Freitag, 1. Juli 2011

Zukunftslose Vergangenheit eines Trendforschers

Er ist eine Koryphäe in der deutschen Trendforschung. Jeder Werber, jeder Markenmacher, jeder Medienmensch kennt ihn, schätzt ihn, verehrt ihn: Peter Wippermann gilt als das Urgestein unter Trendforschern, der vor zwei Jahrzehnten gemeinsam mit Matthias Horx das Trendbüro in Hamburg gegründet hatte.

Wie aber wird man Trendforscher? Man wird Bäcker, Maurer, Rennfahrer. Von mir aus auch Top-Model, Politiker oder Clown. Aber Trendforscher? Der Papa von Peter bei den Wippermanns jedenfalls wollte damals, dass der Sohn was Gescheites lernt. Was Handfestes. Was mit Zukunft. Und so ging der kleine Peter W. in die Lehre. Er zog sie durch. Bis zum Ende. Dann durfte er sich Schriftsetzer nennen.

Einziges Problem: Bald schon nach seiner Ausbildung war es vorbei mit der Zukunft. Den Beruf des Schriftsetzers gab es plötzlich nicht mehr.

So kam es, dass Peter Wippermann seinen Blick in die Zukunft schärfte. Um schnell den Trend zu erkennen, dass man damit Geld verdienen kann. Die Urkunde seiner Ausbildung hat er noch. Sein persönliches Dokument einer Vergangenheit ohne Zukunft, die ihm eine Zukunft mit Vergangenheit beschert hat. Und doch ist am Ende der Wunsch des Vaters in Erfüllung gegangen: Peter Wippermann macht was mit Zukunft!

Dienstag, 28. Juni 2011

Lange Nacht der Umnachteten

Mit den Museen hat alles angefangen. Weil Mensch nicht ganz bei Tag ist, wenn er ins Museum geht, öffneten Museen nachts ihre Pforten. Nachts im Museum war so cool, so beliebt, weil, nun ja, weil es halt nachts war. Und nicht tags.

Es folgten die Lange Nacht des Einkaufens, die Lange Nacht der Musik, die Lange Nacht der Industrie. Selbst die Lange Nacht der Tracht ließ nicht auf sich warten, die Lange Nacht des Sports, die des Jazz und sogar die Lange Nacht des Wissens bemühte sich ob ihrer Daseinsberechtigung. Doch das musste man schon wissen. Wissen, das man sich auf der Langen Nacht der Wissenschaft schaffen konnte.

Während ich persönlich jede Nacht, in der ich arbeite, zur Langen Nacht des Idioten erkläre, obwohl es inzwischen die Lange Nacht der Werbung gibt, hat mich jüngst eine Lange Nacht doch besonders bewegt: die Lange Nacht der Bestatter, die im Mai in Wien bestattfand. Inklusive Leistungsschau, also Probeliegen. Und inklusive Kinderprogramm "Sarg anmalen", wie sueddeutsche.de recherchierte. Demnach schrieb ein Kind auf einen Sarg: "Ich will da nicht rein!"

Die Lange Nacht kennt keine Grenzen mehr. Selbst die Lange Nacht der Ohren gibt es, die des Waldes und die Lange Nacht der Anarchie. Gibt man bei Google die "Lange Nacht des Schwachsinns" ein, kommt an erster Stelle: "Kate und William am Tag danach", also nach der Hochzeitsnacht. Und an zweiter Stelle: "Warum steigt nachts die Dummheit so sehr an?" Ja, warum eigentlich?

Samstag, 4. Juni 2011

Per Gesetz zu mehr Alkohol gezwungen!

Der italienische Aperol (l.) "poco alcolico", der deutsche "verrückt nach Leben".
Schon mal Aperol getrunken, womöglich als Spritz? Doch den Alkohol kaum gespürt? Dann war das nicht in Deutschland. Denn der rote Bölkstoff ist hierzulande eine Besonderheit. Er hat in Deutschland den höchsten Alkoholgehalt. Weltweit. Mit 15 Prozent Alk werden die Teutonen abgefüllt, während sich Italiener, Franzosen und alle weitere Welt mit elf Prozent begnügen.

Wie das kommt? Ganz einfach, wie fast alles in diesem Land: per Gesetz. Jürgen Trittin hat sich als Umweltminister persönlich für den hohen Alkoholgehalt stark gemacht. Das schreibt der Stern in seiner letzten Ausgabe so in etwa, fast im Nebensatz. Der Minister hat sich mal umweltbewusst für eine Pfandverordnung eingesetzt. Dabei waren Spirituosen ausgenommen, vom Pfand, aber nur, wenn Alk mehr als 15 Prozent hat. Deutsche Gurgeln vertragen das ja, dachte sich wohl der Umweltminister, ohne den Gesundheitsminister konsultiert zu haben. Auch den Arzt oder Apotheker scheint er ignoriert zu haben.


Etikett nur für deutsche Flaschen: "verrückt"
 So mag es kein Zufall sein, dass die deutschen Flaschen, die auch in Italien abgefüllt werden, das Etikett "verrückt" erhalten. Klein gedruckt steht darunter: "nach Leben". Die Umwelt freut sich. So saufen wir halt für die Natur. Wenn's hilft...

Freitag, 3. Juni 2011

E-Book beschert Verleger einen Urlaub

Seit Jahrhunderten leben sie vom Druck, die Verleger. Nun spüren sie ihn selbst, den Druck, den das drucklose Geschäft mit E-Book & Co auslösen kann. Ein durchaus namhafter Verleger (Name ist jok bekannt) wollte einfach mal erfahren, was es mit E-Books so auf sich hat.
Er recherchierte gründlichst, was im Markt so passiert, wie es mit der Kostenlos-Kultur aussieht und schrieb sich all diese Erkenntnisse auf. Als langjähriger Verleger war klar, dass er daraus ein Buch machen wollte, unter dem Pseudonym Maximilian Buckstern. Natürlich musste es in diesem Fall ein E-Book sein. Und so entstand sein erstes komplett papierloses Werk mit dem Titel „Bücher gratis für i-Phone, Kindle & Co. – So erhalten Sie kostenlos die interessantesten  E-Books“.
Das virtuelle Etwas für 5.74 Euro ist bei amazon unter den Top 100 zu finden – je nach Kategorie unter den Top 10. Dieser Selbstversuch des Verlegers finanziert ihm in diesem Sommer den Urlaub – für die komplette Familie. In Zukunft wird das E-Book weitere Urlaube finanzieren – kompletten Familien der Verlagsangestellten.
Ach ja: Aufgrund des großen Erfolgs wird das E-Book nun auch in gedruckter Form erscheinen…

Montag, 30. Mai 2011

Hilfe, mein i-Pad kokst

Nein, ich habe mein i-pad nicht von Ergo. Dennoch muss ich zugeben, dass mein i-pad Koks mag. Und mich persönlich damit ganz schön in die Bredouille bringt. Ohne, dass ich es bisher gemerkt habe.
 
Wenn ich zu Konferenzen einlade, per Lotus Notes, dann meist in mein Büro, auch joks Büro genannt. Seit ich aber mit dem i-pad einlade, korrigiert mich das dünnhäutige Gerät stets. Es hat mein Büro eigenhändig umbenannt in: Koks Büro!
Nein, dies ist keine versteckte Bewerbung als Ergo-Vertriebler…

Donnerstag, 26. Mai 2011

Guten Flug nach Cancelled!

Eine Mitarbeiterin des Flughafen-Sicherheitsdienstes hat bei der Aschewolke aus Island schon vor einem Jahr merkwürdige Erfahrungen gesammelt. Sie berichtet:
Und wieder ein Körbchen auf die Rollen. Computer? Flüssigkeiten? Schlüssel? Nein, der Herr zuerst. Warten Sie bitte noch. Das Kind, gehört das zu Ihnen. Moment, jetzt Sie. Körbchen, ja gleich. Computer? Moment noch….
Normalerweise regiert Hektik unseren Alltag. Vor allem morgens, da geht es rund. Da sind meist alle Bänder besetzt, wir sind hoch konzentriert, wechseln uns mit den Aufgaben ab, damit wir die Sicherheit gewährleisten können.
Doch heute ist alles anders.
Heute ist Asche in the Air! Ein Vulkan auf Island spuckt und legt Europa lahm. Der rauchende Berg erfreut sich an dem Namen Eyjafjallajökull, an dem so viele Nachrichtensprecher stolpern.
Erstmals herrscht Luftraumsperre über Europa. Für uns Luftsicherheitsassistenten am Boden ein Traum: Voller Lohnausgleich bei zwei Tagen Faulenzia. Morgens um 4 Uhr müssen wir uns melden. Dann müssen wir, nun ja, nichts tun. Um uns am Feierabend zum Unterschreiben wieder abzumelden. Sicherheitshalber. Man weiß ja nie, wie lange so ein Vulkan für dicke Luft sorgt.
Zwei Tage lang bleibt die Aschewolke stur über uns. So leicht haben wir am Flughafen noch nie unser Geld verdient.
Zu unserer Überraschung ist am Tag 1 das Terminal doch noch recht bevölkert. Obwohl alle Medien ausgiebig über das Flugverbot berichtet haben. Auch die Zeitungen und Radiosender. Klar, man muss den Medien ja nicht trauen. Und man weiß ja nie, ob es sich so eine isländische Aschewolke doch noch anders überlegt. Wer also dennoch zum Flughafen kommt, kann auf den riesigen Anzeigetafeln ziemlich gut erkennen, dass hinter jedem Flug „cancelled“ steht.
Am Terminal 3 fängt mich ein Pärchen ab und fragt mich:
„Wir wollten eigentlich nach Malaga fliegen. Aber auf der Anzeigetafel steht, dass unser Flieger jetzt nach Tsantselet fliegt.“
Ich verstehe nicht: „Wohin? Heute geht doch keine Maschine nach Nirgendwo…“
„Doch, unser Flieger geht nach Tsantselet. Wir haben aber nach Malaga gebucht. Wo können wir uns denn erkundigen?“
Dann erst kapiere ich. Das Pärchen liest „Cancelled“. Und die beiden sind wohl so verliebt, dass sie noch nicht einmal gemerkt haben, dass noch an allen Kontrollstellen die Rollläden unten sind.
Also antworte ich den beiden wahrheitsgemäß:
„Heute gehen alle Flieger nach Tsantselet. Sie können sich einen aussuchen…“
Komisch. Irgendwie verstehen sie mich nicht. Und ziehen ab.
Ob sie am Tag 3 wieder kommen, werde ich nie erfahren. Da wird das Flugverbot gelockert und nach Sicht geflogen. Manch eine Maschine wird aber immer noch gen Tsantselet geschickt. Ganz in die Nähe von Nirwana. Weit weg von Malaga. Flugzeit unbekannt.

Dienstag, 24. Mai 2011

Ergo empfiehlt Salz statt Koks!

Eine Pressemitteilung des Versicherungskonzerns Ergo blickt grundsätzlich nicht zurück. Etwa auf Unbewältigtes wie die Förderung von Prostitution der Tochter Hamburg-Mannheimer in Budapest? Eine Pressemitteilung von Ergo "enthält in die Zukunft gerichtete Aussagen, die auf derzeitige Annahmen und Prognosen der Unternehmensleitung der ERGO Versicherungsgruppe beruhen." Das schreibt der momentan ziemlich verunsicherte Versicherer in den Disclaimer, also das wohlverdiente Ende eines ERGOrnisses.

Auch in der heutigen Meldung, einer Stellungnahme zu neuen "Vorwürfen in der BILD-Zeitung", fehlt das dicke Ende nicht. Bild hatte auf mehreren Fotos festgehalten, wie "der Kollege von Herrn Kaiser kokst" - auch auf ein Video wurde hingewiesen, zu sehen unter on.Bild.de/koksvideo. Klar erkennbar die gerollten Geldscheine, durch die wohl Koks, was denn auch sonst? in die Nase geschnieft wird.

Dazu die Erklärung von Ergo-Sprecherin Klemme (Name nicht erfunden): "Die von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos zeigen ein Trinkspiel mit Salz, Tequila und Zitronensaft. Dazu gehört das Einschnupfen von Salz durch die Nase..." Aha. Salz auf der Haut kenne ich noch - aber Salz durch die Nase? Einschnupfen, diese riesigen Körner? Geht das überhaupt? Der Ergo lägen dazu "inzwischen eidesstattliche Versicherungen vor". Ja, es heißt "Versicherungen". Damit kennen die sich aus. Dann ist ja alles klar. Endlich eine Versicherung, der ich trau! Obwohl die Pressemitteilung nur auf Annahmen und Prognosen beruht.

Wollen wir mal nicht so spießig sein: Was sind schon ein paar Gramm Salz gegen Beitragseinnahmen in Höhe von 20 Milliarden Euro? Was sind schon ein salzkoksender "hochrangiger Vertreter der Hamburg-Mannheimer" (Bild) und 100 Perversicherungsvertreter gegen 50.000 Mitarbeiter?

Immerhin setzen sich die Hamburg-Mannheimer für Frauen ein. Im Jahr 2007, als gewisse Versicherungs-Primaten in Budapest baden gingen, war das beherrschende Thema, über das man heute noch spricht: die mangelhafte Altersvorsorge bei Frauen.

Freitag, 20. Mai 2011

DJ Sven Väth im eigenen Taxi

Nein, er ist ihm nicht böse. Er ist halt seinen Weg gegangen, das ist völlig ok. Seit der Kindheit kennt er ihn schon, den legendären DJ Sven Väth, der seinen Frankfurter In-Club Cocoon zum Kochen bringt. Was haben sie doch für coole Partys miteinander verlebt, früher, als der DJ noch im Tanzlokal der Eltern Platten auflegte, ganz nah von hier, sagt er, während wir den Main überqueren.

Kontakt hat er nicht mehr zu ihm. "Er war in unserer Clique", hat dann Karriere gemacht. "Keiner von uns hat noch Kontakt zu ihm".

Wir sind am Ziel. Am Cocoon-Club. Verleihung der Radio-Stars. Mein Taxifahrer sagt: "Wenn sie ihn sehen, den Sven, dann sagen Sie einen Gruß von mir." Mir nennt mir noch seinen Namen und meint: "Vielleicht kennt er mich noch." Und vielleicht, so hofft er, kann er ihn eines Tages mal mit seinem eigenen Taxi fahren, seinen Jugendfreund, der ein großer DJ geworden ist.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Frau oder Fahrzeug - ist doch egal!

Unter der Rubrik "Kauf clever!" rät ein Magazin: "Klar, beim Partner zählen vor allem die Charaktereigenschaften." Noch kann man nur ahnen, worum es hier geht, zumal es sich bei der Publikation, die der letzten "Zeit" beilag, um das "WhirlPool Magazin" handelt.

Der zweite Satz bringt einen schon weiter: "Und beim Auto ist ebenso die PS-Zahl wichtig." Vorsicht, liebe Leser, jetzt wird es spannend, es wird selbsterklärend: "Doch egal ob Frau oder Fahrzeug, beides muss auch optisch gefallen." Für Männer eine großartige Erkenntnis, denn egal, ob Frau oder Fahrzeug, Hauptsache es beginnt mit F.? Das hat weitreichende F-olgen: Bauer sucht Trecker. Kachelmann schläft mit Volvo. Schwarzenegger hatte eine Affäre mit seinem Hummer, dabei kam es sogar zu einem Hummerbaby.

Frauen, Autos, das ist also schon mal egal. Beides müsse optisch gefallen. "Nicht anders ist es beim Whirlpool", heißt es in diesem investigativen Blatt weiter. "Egal ob verspielt oder puristisch - das repräsentative Element in prominenter Platzierung sollte man auch gern von außen betrachten wollen." Eine Weisheit, die natürlich auch für Frauen gilt. Ob der Text von IWF-Ex-Chef Dominique Strauss-Kahn stammt? IWF steht doch für Internationale Whirlpool Frauenverachtungsfoundation, oder?

Eine Garantie für investigativen Journalismus: WhirlPool Magazin


Sonntag, 15. Mai 2011

Papst-Missbrauch

Das mit den Märchen, die einem der Heilige Vater stets erzählt, kann einem schon auf die Heilige Socke gehen. Allein seine letzte Seligsprechung für seinen polnischen Vorgänger lässt sich nur schwer vor Kindergartenkindern begründen, was wohl in etwa so klingen könnte: "Hallo Kinder Gottes, ich bin Hex-Hex der Papst, ich kann zaubern. Doch Magier Johannes Paul Potter II ist noch besser als ich, der kann sogar noch jetzt Kaninchen aus dem Hut zaubern, obwohl er und das Kaninchen schon längst tot sind. In wunder!baren Träumen durchgeknallter Menschen erweckt er alles zum Leben, denn er ist ein Heiliger..." Nun ja, wer es glaubt, wird selig, Zauberer oder Papst.

Die nächste Seligsprechung erhofft sich ein Münchner für, nein, nicht für sich, seine Frau oder sein Kaninchen, sondern für seine Brille. In einer ganzseitigen Anzeige der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung wirbt der Brillenmacher Tomi Suchy unter der Headline "Weltneuheit: Segen vom Heiligen Vater?" fast schon ketzerisch. In der Heiligen Schrift der Werbeanzeige heißt es wörtlich: "Mit der Unterstützung des Erzbischöflichen Ordinariats München und der Deutschen Bischofskonferenz Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ist Herr Suchy überzeugt, dass er auch den Heiligen Vater von seinen Brillenkünsten überzeugen kann und vielleicht sogar 'den Segen' des Heiligen Vaters für die NON-PLUS-ULTRA empfängt."

Das klingt ein bisschen nach Mario Barth und Mediamarkt oder nach Jung von Matt und Sixt, also nach schwarzem Humor und sixtinischem Spaß. Doch Meister Suchy scheint nicht mehr ganz propper und meint es ernst: "Anlässlich des Papstbesuches Benedikt XVI. in Berlin vom 22. bis 25. September 2011 wird die Überreichung einer optischen Brille - NON-PLUS-ULTRA 'Volksbrille' - an den Heiligen Vater vorbereitet."

Dieses Zauberding für seine Heilige Kurzsichtigkeit soll aus "zahlreichen Gesprächen, gemeinsamen Überlegungen und Beobachtungen zwischen Herrn Suchy und Personen aus dem Tätigkeitsfeld des Heiligen Vaters" entwickelt worden sein. Also mit Pfarrern? Jedenfalls stelle "diese randlose, extrem leichte Titanbrille 'Made in Germany' mit den optischen Werten des Heiligen Vaters ein einmaliges, unerlässliches Präsent dar". Was, bitte schön sind denn die optischen Werte des Heiligen Vaters? Das Evangelium des Brillenmachers geht aber noch weiter: Das optische Heilix Blechle soll im handgefertigten Brillenetui verschenkt werden - "passend zum Büro-Interieur des Heiligen Vaters".

Jetzt mal ehrlich, hat der Papst so eine Schmach verdient? Missbrauch ist ja im Zusammenhang mit der katholischen Kirche nichts Neues. Aber den Papst zu missbrauchen, für unheilige Werbebotschaften? Dieser Weg kann nicht ins Paradies führen - oder doch? Schließlich heißt der Brillenschlangenladen "Optik Paradies Suchy".

Dienstag, 10. Mai 2011

Resteverwertungsvermarktung

Wären die Käufer von Produkten nur besser zu berechnen. Die einen mögen Lakritze, die anderen Gummibärchen. Und unter den Gummibärchen selbst gibt es diejenigen, die aus allen Packungen nur die Grünen oder Roten stibitzen, völlig unpolitisch.

Für die optimale Auslastung der Produktionsanlagen eine schwer lösbare Aufgabe. Haribo, so wird weit über Bonn hinaus gemunkelt, soll sich für die Entsorgung der Überkapazitäten etwas Besonderes einfallen lassen haben. Die vereinigten Reste werden in gemischten Verpackungen verkauft. Und zwar nicht als Bruch verramscht, sondern unter dem Markennamen Colorado verkauft und beworben. Mit freundlicher Unterstützung von Moderator Thomas Gottschalk. Wetten, dass das stimmt?

Freitag, 6. Mai 2011

Signs Award mit zwei ganz persönlichen Zeichen!

Einen Preis zu verleihen, ist schon etwas Besonderes. Selbst in unserer preisüberfluteten Werbebranche. Diesmal durfte ich gleich zwei Preise übergeben, an zwei Zeichensetzer, denn es waren die Signs-Awards, eine Idee von Stefan Endrös (Journal International). Zu beiden Preisträgern hatte ich einen ungewöhnlich persönlichen Bezug:

Eine dieser runden Trophäen ging an einen Menschen, den ich seit Jahren kenne. Gut kenne. Wir mailen uns, telefonieren, haben gemeinsam ein Buchprojekt vorangetrieben, sind natürlich per Du - und haben uns bei dieser Preisverleihung - echt wahr - das erste Mal überhaupt persönlich getroffen: Blogger und Autor Sascha Lobo. Aus unserer virtuellen - und doch realen - Beziehung wurde eine reelle. Ein Preis zu unserem Kennenlerntag.

Die zweite Auszeichnung durfte ich an einen Menschen übergeben, der mal das war, was ich jetzt bin. Einem Menschen, der mir die entscheidende Tür in diese Branche geöffnet hat. Ein Mann, der als Hauptkommunikator die Otto-Group zum Reden gebracht hat: Thomas Voigt. Ja, er war mal Chefredakteur bei W&V, vor zwei Jahrzehnten. Und er war es, der mich damals als Volontär eingestellt hat, um allerdings wenige Wochen danach zur Konkurrenz zu flüchten. Nun standen wir erstmals gemeinsam auf der Bühne, in München, im Werkraum der Kammerspiele. Für mich fast schon kalkaesk.

Auch die anderen vier Preise hätte ich diesmal gerne verliehen, etwa an Obermedianer Thomas Koch für sein medienpolitisches Engagement in Ländern wie dem Irak. Oder an Insolvenzretter Bruno Sälzer, der die totgeglaubte Marke Escada reanimiert hat. Oder auch an Douglas-Marketerin Daniela Mündler oder Karsten Lereuth, CEO von British Telekom Germany für Nachhaltigkeits-Dinge. Was für Zeichensetzer!

Freitag, 29. April 2011

Royal Trauma bewältigt

Und? Den schnellsten Kuss königlicher Hochzeiten gesehen? Deutschlands Medien- und Werbemenschen haben sich das Ereignis nicht entgehen lassen, die Royal Wedding von Prinz William und Kate Middleton.

Schon ab 11 Uhr war es heute fast unmöglich, Kreatives ans Telefon zu kriegen. Wie gefeiert wurde, dokumentiert wuv.de durchaus eindrucksvoll. Eine Agenturfrau aber, die freute sich schon am Morgen wie ein kleines Kind auf diese Hochzeit. Sie sei damals zehn Jahre alt gewesen, als Lady Di geheiratet habe. Und sie habe die Trauung nicht anschauen dürfen, dereinst. Ihre Eltern hätten ihr zum Trost dann zwar eine Dokumentation gekauft, doch sie leide heute noch darunter, dass sie nicht vor dem Fernseher saß.

Daher saß sie heute nicht lang in ihrer großen Werbeagentur, sondern, bewaffnet mit Taschentüchern, vor dem Royal TV. Hoffentlich hat sie die beiden Fast-Food-Kisses nicht versäumt, so schnell, wie das ging...

Für überraschende Zusatz-Informationen sorgte CNN: Im Gegensatz zu den anderen Fernsehsendern hatte CNN professionelle Lippenableser engagiert, die all das vom Brautpaar übersetzten, was man nicht hören konnte. Zum Beispiel sagte (Halb?-)Bruder Harry unmittelbar vor der Trau-Zeremonie, während die Braut vom Kirchenschiff her kam und sich William nicht umdrehen durfte: "Wow, you should see what's coming...". Und kurz nach dem Schnellkuss sagte sie: "It's bombastic!" Nein, anders,sie sagte es vor dem Kuss, als sie die Menge vom Balkon aus sah.

Montag, 25. April 2011

Atom-Bewunderung

Hand auf's Herz. Oder auf's Gigahertz: Warum haben Sie sich Ihr Laptop gekauft? Weil Sie damit arbeiten wollen? Lächerlich. Weil Sie digital Fotos, Musik und vor allem Rezepte sammeln? Sie lügen sich doch in die eigene Laptoptasche! Weil Sie Lust hatten, Geld auszugeben? Ja, das könnte zutreffen. Oder aber, weil Sie auf Atom stehen und auf die Werbung von Intel hereingefallen sind, das sich den Atom-Prozessor sogar als Trademark hat schützen lassen?

Wenn Sie aber ganz ehrlich wären, so ehrlich, wie nur Werber sein können, dann würden Sie in den Spiegel sehen und zugeben: Sie haben sich Ihren Computer gekauft, um, ja, jetzt kommt's, um bewundert zu werden. Im "Spiegel" nämlich befindet sich die Werbeanzeige von Toshiba, die mit dem Slogan "HABENWOLLEN" operiert. Und "sichtbar intelligent", wie es in der Ecke der Anzeige steht, damit wirbt, dass Toshiba ein Gerät verkaufe, das man sich nicht nur zum Arbeiten kaufe, sondern,"um bewundert zu werden".

Woher diese Bewunderung kommen soll, wird in der Anzeige nicht verraten. Vielleicht, weil der integrierte Intel-Prozessor mit dem leicht merkfähigen Namen "Intel Core i3-2310M" ohne Atom - im Namen - auskommt? Oder will schlicht der Werbetexter bewundert werden? Für seine sichtbare Intelligenz?

Mittwoch, 20. April 2011

Facebook hat mir einen Cousin geschenkt!

Facebook macht Sinn: "Mein Zug hat Verspätung", 32 Freunden gefällt das. "Habe ein Reh überfahren", Gefällt mir. Und 24 anderen auch. So recht konnte ich nicht immer den Sinn von Facebook erkennen. Bis heute.

Denn heute hat mir Facebook einen neuen Cousin geschenkt. In Köln! Ja, nun habe ich ein echtes Kölsch, das mit mir verwandt ist. Sagt seine Mutter. Schreibt er. Über meine Tante. Die immer Weihnachten bei uns war, als ich noch Kind war. Beim Christkind. Aber dass sie ein Kind hat, in etwa so alt wie ich, mein Cousin, das erfuhr ich jetzt. Dank Facebook.
Gefällt mir!

Wer weiß, was wir noch so alles via Facebook erfahren. Wer meine Schwester ist - ach so, ich habe gar keine Schwester? Oder drei Geschwister? Und wer war mein Vater, wer meine Mutter? Wie auch immer, wichtig ist ja nur, wer wir selbst sind. Oder, noch wichtiger, dass wir sind. Wir sind Sein. Sein ist Sinn. Und Facebook ist Sein, also auch Sinn?

Montag, 18. April 2011

Eiskalter Trick gegen weinharte Typen

Schmecken Sie es? Eine leichte Nuance Vanille, auch etwas Pistazie ist dabei. Und im Ausgang ist es der Nussgeschmack. Weinkenner können ganz schön nerven. Tut mir leid, ich bin einfach ein Weindepp mit bäuerlichen Vorfahren, da kann ich mich mit Wein nicht auskennen. Außerdem trinke ich einfach zu wenig Alkohol, ja, ich weiß, ich sollte es ändern, um in der Werbe- und Medienbranche mithalten und mitreden zu können. Von wegen Aprikose im Anflug oder Mokka im Gaumen. Auch das milde Schokoladige, nein, es hilft nichts, ich schmecke es einfach nicht.

Seit mir ein Moderator, Frank Plasberg, hart aber fair, einen Tipp für genau solche Situationen gegeben hat, hat sich schlagartig mein Leben unter Weinkennern verändert: Plasberg, der den Tipp selbst irgendwann von irgendwem erhalten hatte, sagte, man müsse bei der Beschreibung des Weingeschmacks lediglich alle Eissorten durchgehen. Wie anfangs versucht, von Vanille über Pistazie zu Nuss. Von Himbeere über, nein, nicht Stracciatella und, nein, nicht Pinguin...

Ansonsten funktioniert es. Ausprobieren!

Freitag, 15. April 2011

Airbus und die Fliegen-Klatsche!

Jetzt ist es amtlich: Die EADS hat es gemeinsam mit Airbus in einer Pressemitteilung der ganzen Welt mitgeteilt. Als „wichtigen Meilenstein“ bezeichnet es EADS-CEO Louis Gallois und ist „besonders stolz darauf, dass alle betreffenden Regierungen dieses Kooperationsprogramm unterstützen“.
Es geht um die A400M, um ein, wie es original im Pressetext heißt, “fantastisches neues Flugzeug, das fliegt…“!!! Ja, richtig gelesen, nun gibt es ein Flugzeug, das fliegt! Da fliegt mir doch das Blech weg! Ok, der Satz geht sogar noch weiter: „…und sich durch herausragende, konkurrenzlose Fähigkeiten auszeichnet.“ Klar, wer fliegen kann, hat keinen Wettbewerber auf Erden. Der Fortschritt scheint unaufhaltsam. Zum Davonfliegen.
Vielleicht hätten Airbus und EADS schon viel früher kooperieren sollen. Nicht miteinander, sondern mit Red Bull, das sicher seine Flügel verliehen hätte.

Sonntag, 10. April 2011

I-Pad: So machen wir uns das Leben schwer!

Dünner geht kaum: Das i-Pad 2 wiegt nur noch 601 Gramm, also 79 Gramm weniger als das i-Pad der ersten Generation. Das Leben wird also immer leichter. Wird es das?

Schaut man sich mal all die i-Pads an, die einem so in Büros und Flughäfen begegnen, dann sieht die Realität traurig aus, für all das Schlanke. Fette Typen tippen mit ihren fetten Fingern auf fette Geräte. Von wegen 601 Gramm. Die dünne Designerware wird nämlich zu gern in Schutzhüllen versteckt, die das Körpergewicht der zarten Geräte oft bei weitem übersteigen. Kaum ein i-Pad-Nutzer, der seine 601 Gramm unverhüllt durch die Gegend trägt.

So sind wir einfach: Wir legen Decken über unser Sofa, Schonbezüge über Autositze und fette Schutzhüllen um unser i-Pad. So machen wir es uns schwer, völlig unnötig: das Leben. Und das i-Pad.

Mittwoch, 6. April 2011

Neulich auf einer Werberparty

Ein Werber erzählte mir davon, dass sein Hobby Rennboote sind. Er selbst jage diese flachen Dinger über das Wasser, aber er fahre nur Formel 4. Ich konnte nicht mitreden.

Ein Werber erzählte mir, dass er sich für sein Haus in Südafrika ein neues Cabrio gekauft habe. Einen Mercedes mit drei Buchstaben. Er sei billig, billig rangekommen, weil er ihn sich aus Japan beschafft habe, über Freunde und über Kamerun oder so. Jedenfalls sei das Gefährt nun da. Ich konnte nicht mitreden.

Einer erzählte mir über Politik, die Schweiz, Musik. Und irgendwie kam er zu dem Geständnis, dass er noch nie geraucht habe. Ich konnte mitreden und gab ebenso zu, dass auch ich noch nie geraucht habe. Sagt ein anderer Werber, ganz ernsthaft: "Und wie habt Ihr dann gekifft?"

Samstag, 2. April 2011

E 10 im Magen hungernder Kinder

Er schreibt täglich die Kolumne "Post von Wagner" in der Bild-Zeitung. Er war mal Bunte-Chefredakteur und wird aufgrund seiner journalistischen Qualität gerne "Gossen-Goethe" genannt: Franz Josef Wagner. Diesmal schrieb er über den Bio-Sprit E 10. Wer E 10 tanke, habe nicht alle Tassen im Schrank.

Seine Begründung in verkürzter Form: Wagner solle mit E 10 "das tägliche Brot durch meinen Auspuff jagen","von 200 Kilo Getreide kann ein Mensch 1 Jahr lang leben", damit könne er sein Auto nur "2x volltanken". Weiter dichtet er: "Wie erkläre ich meiner Enkelin, dass ich Biosprit fahre, während alle drei Sekunden ein Kind an Hungertod stirbt. All das Getreide, der Mais, der Raps in meinem Tank ist nicht im Magen der hungernden Kinder."

Ja, da hat der Meister einmal mehr große Worte geschrieben. Deswegen lasst uns daraus Lehren ziehen und ewig echtes Öl tanken, je mehr wir damit fahren, desto mehr nutzt es der Menschheit. Obwohl, wer die Bild weiter blättert, erfährt durch verständliche Grafiken (falls ich sie richtig interpretiere), dass aus Getreide & Co nur Alkohol hergestellt wird, der unsere Autos beglücken soll. Da ergeben sich doch ganz andere Probleme: Alkohol im Straßenverkehr etwa. Mein Auto liegt deutlich über der 5-Promille-Grenze. Schlimm ist das. Kein Wunder, dass wir ausschließlich von Parteien regiert werden, die mehr als 5 Prozent im Blut haben... Ja, die 5-Prozent-Hürde.

Oder, schlimmer noch: Wie erkläre ich meiner Enkelin, dass Alkohol jetzt so teuer wird? Nur, weil ich verantwortungslos damit rum!fahre. "Ich kann meiner Enkelin nicht erklären, warum ihr Schulbrot teurer wird", macht sich Wagner einen Reim. Und ich kann meiner Enkelin nicht erklären, waRum auf ihren Schulpartys Alkopops teurer werden. Es ist zum Weinen, um Gossen-Goethe noch einmal frei zu zitieren.

So lange wir ernsthaft über die Verträglichkeit von E 10 diskutieren und uns über das Wohlergehen unserer Autos Sorgen machen, haben wir definitiv keine Probleme. Wie erklären wir das nur unserem Patenkind von World Vision?

Freitag, 1. April 2011

Rauch-Zeichen!

Um seiner rauchenden Sucht zu frönen, muss man bekanntermaßen das Restaurant oder den Veranstaltungsort verlassen, um draußen in der Kälte zwischen zwei Lungenzügen andere unbekannte Abhängige zu Freunden zu erklären. Gestern jedoch, bei der Party des TV-Wirkungstags in Düsseldorf, war vieles anders. Nicht nur, dass es dort einen Schokobrunen gab, der gar kein Schokobrunnen war, sondern ein Currywurstsoßenbrunnen. Für Raucher und Nichtraucher.

Anders war aber auch, dass Raucher zum Paffen reingehen mussten. Oder drinnen bleiben sollten. In den feierlichen Räumlichkeiten des Flughafens, wo die TV-Wirkenden auf die TV-Wirkungen anstießen. Draußen, auf der Terrasse mit herrlichem Blick über den Flughafen, war akutes Rauchverbot - wegen des hohen Kerosingehalts in der Luft, wie die eigens eingesetzten Sicherheitskräfte warnten. Das erfuhr ich jedoch erst, nachdem ich einen wichtigen Manager zum Rauchen rausgeschickt hatte...

Puff!

Montag, 28. März 2011

PR der Ahnungslosen

Sie hauen in die Tasten, ohne groß über den Sinn dessen nachzudenken, was herauskommen soll: digitale Pressefuzzis. Oder pressige Digitalfuzzis. Entsprechend trifft jede Menge Babylonisch-Sprachwirriges in der Redaktion ein.

Heute kam eine Meldung an, die ernsthaft mit folgender Headline locken wollte:
"Instaprint instaprints your instaparty instagrams instantly".
Um was es in dieser Meldung ging? Keine Ahnung. Irgendwie um "filter-tastic social photo apps". Absender der Meldung ist techland.time.com.

Mehr denn je bewundere ich unsere Redakteure im Digital-Ressort. Ihr Job besteht aus extrem anspruchsvollen Übersetzungsarbeiten. Es sind quasi transsilvanische Translation-Transmissionsriemen-Transporter. Respekt!

Freitag, 25. März 2011

Der Targeting-Test: Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?

Wer mehr über sich erfahren will, kann zum Psychiater gehen - oder, viel einfacher, schneller, moderner, mal auf den Websites schauen, welche Werbung einem begegnet. Denn Targeting zeigt einem, wer man ist. Targeting ist schließlich das Ergebnis eines hochtechnisierten Cookiekrümmelaufspürverfahrens. Heißt: Alle Spuren, die man so gemein im Internet hinterlässt, fügen sich so zusammen, dass man mit getargeter Werbung individualisiert angesprochen wird.

Blickt man in unserer Redaktion einem Kollegen, männlich, weit überdurchschnittlich intelligent, technisch versiert, vielseitig interessiert, am Computer über die Schulter, blickt man auf die Werbung, die das Targeting für ihn ausgesucht hat: "Jeder 5. Mann über 40 leidet unter Erektionsproblemen" - per Click geht es dann zu einem Viagra-Produkt.

Einer langjährigen Mitarbeiterin, unglaublich professionell, schnell und fleißig, stets auf der Jagd nach News, testiert das Targeting folgende Werbung: "Wie weckt man den Büroschläfer wieder auf?" - ein Hinweis auf den Energiedrink Red Bull.

Nachdem ich von diesen wertvollen Charakteristika meiner Kollegen erfahren habe, dachte ich mir: Mach doch auch mal den Targeting-Test. Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?
Die Antwort: Mir wurde eine Silikon-Dauerbackmatte für 9.99 Euro empfohlen. Von Tchibo. Vielleicht, weil ich so überhaupt nicht backen kann...

Mittwoch, 16. März 2011

Nutellas neue Kleider

Eine wirklich schöne Umhängetasche von Kappa. Unser einstiges Aupair, ein Immergutelaunemensch, ist glücklich.
"130 Punkte"
"Wie bitte?"
Und ein wirklich schönes Polo-Shirt von Kappa.
"Nur 90 Punkte."
Wir verstehen nicht.
Aber unser Ex-Aupair klärt auf: Nutella hat grad eine Aktion. Auf jedem Deckel sind zwei Sammelpunkte. Und diese könne man in Kappa-Produkte einlösen. Sports Meets Style.
Nun entdecken wir jede Menge weitere Kappa-Dinge.
"Alles von Nutella", strahlt die junge Frau. Auch ihren Freund hat sie neu eingekleidet.
Das müssen Lastwagen von Nutella-Gläsern gewesen sein, überlegen wir. Sie ist doch nicht etwa auf den billigen Marketingtrick von Ferrero hereingefallen, die Arme?
Nicht wirklich: Unser einstiges Aupair hat neulich schlicht Crėpes verkauft. An einem Stand. Und fast jeder wollte Nutella drauf. Am Ende waren es einige hundert Gläser.
Eine Punktlandung.

Donnerstag, 10. März 2011

Spiegel: Winnenden scheitert an Uschi

Anruf vom "Spiegel": "Wir wollen gerne ein Interview mit Ihnen machen, zu Ihrem Winnenden-Buch."
"Das finde ich aber honorig von Ihnen, dass Sie das vorhaben, trotz meiner starken Kritik am Spiegel..."
"Ähem, ich habe das Buch noch nicht gelesen. welche Kritik denn?"
"Na, zum Beispiel, dass Sie den Täter auf's Cover genommen haben. So was macht man nicht!"
"Da haben Sie auch Recht!", so der Spiegel-Journalist.
Um 16 Uhr soll das Interview stattfinden.
Kurz davor eine SMS: Leider müsse man das Gespräch absagen, es sei ein anderes Gespräch hereingekommen.

Was war dem Spiegel nun wichtiger als die kritischen Winnenden-Worte zu Medien, Waffen und Politik? Wer kam also auf die Aufmacher-Seite der Ressorts Gesellschaft oder Medien?

Entweder war es Uschi, genauer gesagt der Briefverkehr mit Uschi Obermeier, Jimi Hendrix & Co, eine Briefkollektion, die Hellmuth Karasek in ein Buch gepresst hat - Seite 52 im aktuellen Spiegel.

Oder es war Uschi, auf die sich nichts reimt. So steht es wohl auf T-Shirts, die sich Unsympath Mario Barth hat patentrechtlich schützen lassen, obgleich der Spruch so gar nicht seine Idee war (Seite 139). Uschi hat jedenfalls mit Winnenden eines gemein: Nichts reimt sich auf... Uschi wie Winnenden.

Sonntag, 6. März 2011

Die Situation in Winnenden vor dem Jahrestag

Ein bisschen herrscht hier in Winnenden Angst vor dem Jahrestag. Am Freitag ist es zwei Jahre her, dass der sogenannte Amokläufer 15 Menschen erschoss. Dieses Jahr soll alles stiller zugehen als vor einem Jahr, als noch Bundespräsident und Minister kamen. Klar, Gedenkgottesdienste wird es auch in diesem Jahr geben. Und eine kleine Gedenkfeier, diesmal mitten in der Kleinstadt, am Marktplatz. Und die Glocken der Stadt werden läuten. Ab 9.33 Uhr, was hier sehr umstritten ist. Denn die Hulgigung an die exakte Tatzeit ist letztlich auch eine Heroisiering der Tat.

Gut, dass diese Woche Ferien sind. Entsprechend ist an den Schulen nichts geplant. Und die Albertville-Realschule hat es schon fast geschafft: Gleich einer Metapher ist der Rohbau vor der bekannten Fassade des Gebäudes fertig. Neues drängt sich vor die schrecklichen Erinnerungen. Das kann nur gut sein.

Dort, wo bis vor wenigen Wochen noch die Container der psychologischen Betreuung standen, an der Stadthalle, gegenüber der Albertville-Realschule, da hat sich in den letzten Tagen ein Zirkus einquartiert. Das mit Kindertränen gefüllte Grau entwich dem mit Kinderlachen gefüllten Bunt. Das Leben geht weiter. Geht es?

Mich sprach eine Mutter an, als ich mein Winnenden-Buch vor kleinem Publikum in Winnenden vorstellte. Ihr Sohn, sagte sie, sei damals in dem Klassenzimmer gewesen, wo es die vielen ermordeten Schüler gab. Jetzt, sagt sie, sei er so weit. Der Sohn gehe freiwillig zur psychiatrischen Behandlung. Es sei der größte Fortschritt seither. Das Seither ist nun zwei Jahre alt. Mit niemandem mehr könne die Familie sprechen, wenn es um das Winnenden gehe. Nicht einmal Verwandte könnten heute noch das Wort Amoklauf hören, beklagt die Mutter. Und Freunde schon gar nicht. Deshalb freue sich die Mutter so, dass es das Winnenden-Buch gebe, "weil ich mich nun nicht mehr so allein fühle". Weil sie nun wisse, dass der ganze Ort, alle Menschen so betroffen wären.

Gehen die Kinder morgens zur Schule - oder mittags zur Freundin - rufen sie lautstark: "Ich liebe dich" als Abschiedsgruß durchs Haus. "Warum macht ihr das denn immer?", fragen wir Eltern. "Weil man nie weiß, ob es die letzten Worte sind, die wir miteinander gesprochen haben", sagt meine Tochter. "Wir haben in der Schule darüber diskutiert. Man darf nie im Streit auseinandergehen..." Diese Sätze fielen heute. Nicht vor ein, zwei Jahren.

Ein Nachbarspaar sprach mich an. Ganz liebe, ältere Menschen. Weil ich ein Buch über Winnenden geschrieben habe, wollten sie mir ihre Geschichte erzählen. Wie sie damals im Schwimmbad waren, im Wunnebad. Und dann seien all die Kinder ins Bad geströmt. Manche seien blutig gewesen. Das ältere Paar hätte natürlich nicht gewusst, was denn passiert sei. Dann die Sirenen, die Polizei, die Krankenwagen, die Hubschrauber... Erst später wussten sie, dass alle unmittelbar betroffenen Schüler ins Schwimmbad geflüchtet waren.

Es war das erste Mal, dass mir die Nachbarn ihre Geschichte von damals erzählt hatten. Jeder hier hat seine Geschichte. Jeder weiß noch exakt, was er getan hat, damals. Und die Wunden der Erinnerung reißen immer wieder auf.

Ob die Presse jetzt wieder über den kleinen Ort einfallen wird, so wie damals? Diese Frage stellen sich viele Menschen hier. Einige Journalisten haben massiv Fehler gemacht, damals. "Rund um den Ort des Massakers sieht es aus wie auf einem Rummelplatz. Hunderte von völlig schockierten Kindern, Vätern und Müttern. Rummel rund um Blumen, Kerzen, Trauer. Eine von illustren Medien eingekreiste Leere. Die Fassungslosigkeit wird umzingelt, um sie aufzusaugen. Vampirartig werden Trauernde überfallen, angezapft, in ihrer Intimsphäre gestört", beschrieb ich es in meinem Buch, der "Tatort, Futterstelle für Journalisten."

Vielleicht haben Medien ja aus Winnenden gelernt. Täter müssen nicht auf Titelseiten erscheinen. Schüler, die unter Schock stehen, müssen nicht interviewt werden. Beerdigungen müssen ihre Privatsphäre haben dürfen. Da muss nicht heimlich über Friedhofsmauern fotografiert oder gefilmt werden. Natürlich, das muss man zugeben, haben die meisten Journalisten sauber, respektvoll gearbeitet. Einige standen selbst unter Schock, als sie hier in Winnenden angekommen waren. Ein Redakteur hat mir davon ausführlich berichtet. Denn auch Journalisten sind in der Regel auf so eine Ausnahmesituation nicht vorbereitet. Niemand ist es.

Dienstag, 1. März 2011

Winnenden-Buch: eine Selbstkritik

Ok, das Nachwort meines Buches hätte wohl besser das Vorwort sein sollen. Dann hätte auch der flüchtig lesende Kritiker gemerkt: "Sämtliche Texte entstanden unter dem unmittelbaren Eindruck des jeweils Erlebten. Diese Direktheit, oft auch Meinung, ist beabsichtigt. Je reflektierter die Texte wären, desto distanzierter wären sie."

Es geht um das Buch "Winnenden. Ein Amoklauf und seine Folgen". Erschienen vor wenigen Tagen. Die meisten Kritiker haben es verstanden. Etwa Christine Lübbers. Oder Daniela Remus vom NDR.

Was mich überrascht ist, wie viele Journalisten nicht mit Kritik umgehen können. Weil ich in dem Buch einige wenige Kollegen an den Pranger stelle - deren Fehler ich konkret benenne - verteufeln manch Redakteure reichweitenstarker Medien das Buch als "pauschales Abwatschen der Medien".

Ich hoffe, das Buch regt den einen oder die andere zum Denken an. Und ich hoffe, es trägt zur Meinungsbildung bei. Und zur Diskussion. Über die Verantwortung der Medien etwa.

Wer sich einen Eindruck der Texte verschaffen will, findet bei DVA eine Leseprobe.

Sonntag, 27. Februar 2011

Gadhafi: Mein Palast, mein Zelt, mein Bunker!

Was sind wir doch traurige Kreaturen, hierzulande, wenn wir nur mit meinem Haus, meinem Auto und, wie jüngst hier durch einen Post gelernt, meinem Parkplatz blöffen können. Wer sich heute die Nachrichtensendungen angeschaut hat, konnte das Areal sehen, in das sich Oberst Gadhafi in Libyen zurückgezogen hat. Hier kommen genau drei Begriffe vor:
sein Palast, sein Zelt, sein Bunker.
Wer, bitte schön, kann da noch mithalten?
In den nächsten Tagen kommt aber noch etwas dazu: seine Zeit, die gekommen ist, um endlich zu verduften.

Samstag, 19. Februar 2011

Bayreuther Groteskspiele

Einleitung: Das Abschreiben ist per se gar nichts Neues. Bis ins 19. Jahrhundert war das Plagiieren gang und gäbe. Nur um Autoren zu Ehren, wurde zitiert. Stop. Diese ersten Sätze sind, zugegeben, abgeschrieben. Nicht aus der FAZ, sondern von der Stuttgarter Zeitung von heute, Seite 20.

Hauptteil: Was bisher kaum oder gar nicht thematisiert wurde, im Zusammenhang mit der Plagiatsaffäre um unseren Verteidigungsminister von Guttenberg, ist der katastrophale Umgang mit dem Thema - und zwar von der Universität Bayreuth selbst. Sie hat die Dissertation angenommen, durch einen erlauchten Kreis gebildeter Koryphäen geprüft,... Moment mal: Wusste vielleicht keiner der Bayreuther Wissenschaftler, dass es inzwischen Internet gibt. Sogar in der alten Barockstadt. Das kann man auch nicht wissen, wenn man sich in alten Bibliotheken verschanzt. Obwohl: So alt ist diese Bildungseinrichtung gar nicht, sie wurde erst 1975 gegründet. Tja, auch nicht ganz richtig. 1743 schon wurde das damalige Bildungszentrum von Bayreuth zur Uni erklärt. Doch es soll Randale gegeben haben, so dass die Uni von der Bevölkerung nach Erlangen vertrieben wurde.

Aber auch Folgendes ist doch längst auch in Bayreuth gang und gäbe: dass wissenschaftliche Arbeiten geprüft werden. Gerade auch auf Plagiatsverdacht hin. Das macht heute jeder Lehrer bei jeder Hausarbeit. Es gibt längst Software für diese Überprüfung. Dagegen könnte sich nicht einmal ein Verteidigungsministerium wehren. So gesehen würde ich als Mister von Guttenberg die Universität Bayreuth in zwei Wochen antreten lassen und zur Rechenschaft ziehen. Schließlich ist es die Universität, die versagt hat. Schlimmer noch: Die Bayreuther nehmen die Sache selbst in die Hand, statt, wie bei früheren prominenten Plagiatsfällen an anderen Unis Usus, das Ganze von einer anderen Hochschule überprüfen zu lassen. Könnten da noch peinlichere Dinge zutage kommen? Statt dass die Uni in Erklärungsnot kommt, werden dem Ex-Studiosus und heutigen Werbeträger des Uni-Videos Fragen gestellt. Was auch spannend ist.

Schluss: Die Marke "Universität Bayreuth" ist nachhaltig beschädigt. Eine Uni, die noch nicht einmal einen Slogan, ein Motto hat, die ein grauenhaftes Laienlogo verwendet. Vielleicht sollte sie sich ein Marketingstudium verordnen. Um selbst daraus zu lernen.

Freitag, 18. Februar 2011

Möpse aus Fruchtgummi

Es war auf der Party des Jahres, wenn es um Schönheit geht. Es war beim Prix de Beautė, in den festlichen Räumen des Kurhauses zu Wiesbaden. Gastgeber war das Hochglanzmagazin Cosmopolitan. Champagner, Kaviar, teure Düfte.

Und dann das: Zwischen den rund 600 schlanken Beinen der Models und Gäste verteilte eine feine Dame Autogrammkarten. Völlig selbstlos nicht von sich, sondern von, nun ja, ihren Möpsen. Genaugenommen geht es nur um einen Mops, ihren Sir Henry, den die Dame auf allen Kanälen vermarktet. So gibt es das Tier auf Porzellantassen, Servietten, Tabletts, Notizbüchern und Geschenktaschen, natürlich auch als Marke für Hundeprodukte wie "Tender Love Sensitiv Shampoo" oder "Love Me Fresh Up Spray".

Die jüngste Kooperation, erzählt die Dame mit der Möpse-Vermarktung, Uschi Ober.., nein, äh, Ackermann, sei ihr Mops mit Haribo eingegangen. So gebe es jetzt "Fruchtgummi-Möpse". In fünf Geschmacksrichtungen. Möpse zum Vernaschen, wie Frau Ackermann sagt.

Freitag, 11. Februar 2011

Jagende Chefs: Frischfleisch für Mitarbeiter

Sie alle hat das Jagdfieber erfasst: Polit-Getier Franz-Joseph Strauss hat sein Leben dafür geopfert, Media-Parodist Alexander Ruzicka hat es in Südafrika mit einer professionellen Jagdunterhosenausstattung geliebt, Daimler-Platzhirsch Jürgen Schrempp hat jüngst erst mit seinen Jagdgelüsten geprahlt.

Jagen an sich mag archaisch sein. Welche Gefühle jedoch werden wachgeküsst, wenn Chefs ihr getötetes Vieh an ihre Mitarbeiter verfüttern? So habe - laut W&V online - der Chef von Condė Nast, Moritz von Laffert, ein selbst erlegtes Wildschwein seinen Mitarbeitern vorgesetzt. Auf dem Spieß. Frisch gegrillt am riesigen Drehgestell, mitten in München, in der Karlstraße.

Noch mehr Fleisch hat die Story von Drogeriekönig Müller aus Ulm. Er schießt einfach gerne auf seine Vogelsträuße, die sich auf seiner Farm auf Mallorca befinden sollen. Das schöne Fleisch darf dann traditionell in der Kantine des Hauptstandortes der Müller-Zentrale in Ulm verfüttert werden. Oder gefuttert werden. Und sogar das Straußenleder wird verarbeitet. Zu Geldbörsen und Etuis. Diese, vom eigenen Chef geschossenen und zu Asseccoires verarbeiteten Tiere gibt es nur in der Hauptfiliale unweit des Ulmer Münsters zu kaufen, ausgestellt in einer eigenen Vitrine im Erdgeschoss. Frei nach dem Motto: Hier schießt der Chef. Oder: Chefs zum Schießen!