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Mittwoch, 28. März 2012

Online, vorübergehend krank

Es gibt Verlagshäuser, die drucken nur so vor sich hin.

Es gibt Verlagshäuser, die haben Angst vor Druck von modernen Medien und schimpfen.

Es gibt Verlagshäuser, die geben sich auf und verkaufen - erst Anzeigen, dann Redaktion, dann sich selbst.

Es gibt Verlagshäuser, die sehen Online als Chance, investieren in professionelle Internetauftritte, beteiligen sich an weiteren Online-Formaten - oder kaufen sie gleich auf.

Und es gibt Verlagshäuser, ganz im Ernst, die sehen Online als "vorübergehende Krankheit, die bald wieder verheilt". Um dann wieder vor sich hin zu drucken. Das erzählte mir der Chef eines Verbandes im Verlagsbereich über seine Mitglieder. Erwachsene Verlagschefs. Heute. Im Jahr 2012.

Sonntag, 18. März 2012

Bild war dabei!

Der Axel-Springer-Verlag bringt nicht nur "Bild" heraus, er fördert auch gerne Mal Bilder von Künstlern. Dabei engagiert er sich nicht nur bei offiziellen Ausstellungen, sondern bietet Mitarbeitern an, Bilder aus einem gigantischen hausinternen Fundus herauszusuchen, um sie im Büro aufzuhängen.

Eine Führungskraft erfuhr davon, nachdem sie an einer Bürowand etwas Selbstgemaltes aufgehängt hatte. Es soll mehr oder weniger aus Streifen bestehen, das Eigenwerk, nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Als diese Mitarbeiterin im Springer-Fundus stöberte, fand sie ein passendes Pendant. Auch mit Streifen. Das gefiel ihr, sie durfte es mit in ihr Büro nehmen.

Nun hängt dieses Streifending, ein echter handsignierter Beuys, gegenüber von ihrem echten handsignierten Ich. Sie kann nun behaupten, sie habe gemeinsam mit Beuys ausgestellt. In Berlin. Ihr: Bild war dabei!

Samstag, 17. März 2012

Dank i-Pad: Zeit los

Ein nicht unbekannter Medienmanager hat seit Jahren die Wochenzeitung "Zeit" im Abo. Trotz akuten Zeitmangels nimmt er sich gerne Zeit für die meist anspruchsvollen Inhalte.

Nun ist es aber so, dass dieser Manager viel unterwegs ist. Um seine "Zeit" aber stets aktuell bei sich zu haben, wollte er Gebrauch von dem Angebot machen, die i-Pad-Variante der "Zeit" zu ordern. Also nahm er mit dem Vertrieb Kontakt auf. Dort freute man sich, die i-Pad-Version mit anbieten zu können.
"Ich will aber nur die i-Pad-Ausgabe", muss der Medienmanager gesagt haben.
"Die gibt es aber nur in Verbindung mit den gedruckten Exemplaren", müssen die Hamburger entgegnet haben.
"Sie können sich die Kosten für Papier, Druck und Versand sparen, mir reicht die Zeit auf dem Tablet..."

Dieses - aus Verlagssicht - preisgünstigste Angebot bekam der Zeit-Verlag anscheinend nicht hin. Darauf kündigte der langjährige "Zeit"-Abonnent und will sich nur noch im App-Shop von Apple die Ausgaben laden, die er spannend findet. Außer Apple gibt es hier nur Verlierer. Eine Frage bleibt aber noch offen: Bietet der Medienmanager in seinem eigenen Verlag das reine i-Pad-Abo an?

Montag, 12. März 2012

Sale away!

Online-Shopping wird dank modernster Techniken immer einfacher. Da wird die persönliche Beratung eines Fachgeschäfts obsolet. Klar doch. Braucht man nicht, das Personal um einen herum. Stört doch nur, bequatscht einen, während man sich durchprobiert, durch Klamotten oder Schuhe.
Der smarte Online-Shopper bestellt sich seine Ware eh jeweils in drei Größen und fünf Farben – entsprechend liegt die Retour-Quote laut W&V bei einigen virtuellen Handelshäusern bereits bei 70 Prozent.
Mag sein, dass sich manch Händler aus genau diesem Grund dazu entschlossen hat, den Online-Shopper zu verwirren. Gibt man bei einem großen Schuhfilialisten auf dessen Site den Suchbegriff “Sale” ein, dann fragt das Portal freundlich: “Meinten Sie Salz, Süß oder Halt?” Natürlich schreit die Beantwortung dieser Frage nach HALT. STOPP. AUFHÖREN…

Montag, 5. März 2012

Das Provinz-Outing

Es ist vom Aussterben bedroht. Kaum ein Straßencafé traut sich noch, es auf seine Karte zu schreiben: das Kännchen Kaffee. Heute kommt der Sprach-Sound bei einer Kaffeebestellung dem Anfängerkurs Italienisch gleich: Cafää Makkiatooo. Am besten gar ein Doppio. Und zwei Caffää Espressi enden freilich mit iii, man ist ja Kosmopolit, gebildet, weit gereist und sprachbegabt.
Völlig anders sieht die Welt aus, wenn man – wie ich – ein Kännchen Kaffee bestellt. Da scheint das ganze Café schlagartig zu verstummen, Fremdschämen ist angesagt, es ist ein Provinz-Outing. Dabei ist es doch noch gar nicht so lange her, als es von der Bedienung mit scharfer Stimme stets hieß: “Draußen nur Kännchen”.
Als ich einst bedient habe, in einem italienischen Eiscafé in Stuttgart, da gab es draußen auch nur Kännchen. Der Espresso dagegen wurde nur drinnen serviert, denn der Padrone  hätte es nie zugelassen, dass Gusto, Aroma und Temperature seines echt italienischen Caffè leiden würden. Raus in die deutsche Kälte durfte nur das deutsche Kännchen. Kein Wunder ist es jetzt vom Aussterben bedroht.