Seitenaufrufe

Samstag, 27. Oktober 2012

Werbespruchverordnungsbeschlussregelung

Die Politik lässt sich zuweilen merkwürdige Dinge einfallen, um die Menschheit vor Irrungen und Wirrungen zu schützen. Vor allem vor denen der geheimen Verführer der Werbeindustrie. So tritt Mitte Dezember die Verordnung unter dem 007-artigen Agentennamen EG Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments in Kraft: die Health-Claims-Verordnung, zu Deutsch „Gesundheitsbehauptungen-Verordnung“.

Dabei geht es vor allem um die staatliche Genehmigung von Werbesprüchen für Lebensmittel. Wörtlich heißt es zum Beispiel, dass Verbraucher in der EU „vor irreführenden, wissenschaftlich nicht belegten Angaben bzw. irreführender Werbung zu besonderen gesundheitsfördernden und/oder krankheitsverhindernden Eigenschaften von Lebensmitteln geschützt werden“ sollen. Nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen über Lebensmittel müssen wahr und belegbar sein. Klingt gut, oder?

Seit sechs Jahren quält sich die EU-Kommission mit inzwischen 44.000 eingereichten Claims herum, mehr als 1.600 Werbeaussagen wurden verboten, stolze 222 Sprüche sind erlaubt. Die erste genehmigte Angabe auf dieser Positivliste beschäftigt sich mit „Aktivkohle“. Man darf damit werben, dass sie – Zitat – „gegen exzessive Blähungen nach dem Essen wirkt“. Die Werbeindustrie freut sich über solch eine Erlaubnis.
Von zahlreichen Wasser-Claims blieben bislang nur zwei übrig: Wasser diene der Erhaltung normaler körperlicher und kognitiver Funktionen sowie der Regulierung der Körpertemperatur. Doch dürfen Werbesprüche mit diesen Aussagen nur eingeschränkt verwendet werden, nämlich nur für Mineral-, Tafel-, und Leitungswasser. Nicht aber für Tee.

Während probiotische Sprüche im Zusammenhänge mit Joghurts verboten wurden, ist erlaubt worden, dass der Digestif Underberg „weltweit im Dienste des Wohlbefindens“ unterwegs sei, „appetitanregend“ und „verdauungsfördernd“, so ein Urteil des OLG Stuttgart vom 3. Februar 2011.

Das Problem der Health-Claims-Verordnung: All die Werbesprüche müssen vor Verwendung wissenschaftlich nachgewiesen sein. Das Gesetz wäre ja dann in Ordnung, so sagte es in etwa Peter Loosen als Rechtsanwalt in Sachen Lebensmittelrecht auf den Münchner Medientagen, würde es auch für Politiker gelten. Denn dann müssten die Wahlversprechen vor einer Wahl wissenschaftlich geprüft werden, ob diese auch haltbar sind. Vermutlich wäre damit Wahlwerbung auf einen Schlag komplett verboten.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Für wie blöd H&M seine Kunden hält


Ab morgen ist es Anna Dello Russo, die in 140 H&M-Shops weltweit mit ihrer Design-Kollektion Kunden anlocken soll. Mit der Idee, Massenmode mit Star-Designerware zu verkuppeln, startete H&M im Jahre 2004. Karl Lagerfeld wagte sich als Erstes in die Fast-Fashion-Shops, dann folgten fast ein Dutzend prominenter Modeschöpfer wie Stella McCartney (2005) oder zuletzt Versace (2011) und Marni (2012).

Eine ziemlich kluge Marketingstrategie – aus Sicht von H&M. Aber auch für eine „Nicht-Designerin“ – Selbsteinschätzung im Vogue-Interview – wie Anna Dello Russo, 50-jährige Italienerin, die sich als japanische Vogue-Chefin selbst „Stylistin und Redakteurin“ nennt.

Für ziemlich dumm aber scheint H&M seine Kunden zu halten. Denn wer auf die Homepage des schwedischen Modehändlers geht, erhält merkwürdige Hinweise unter der Rubrik „So kaufen Sie ein“: Im ersten von sieben Tipps heißt es, dass H&M mit großem Andrang rechne und empfiehlt: „Bitte folgen Sie den einfachen Schritten, um Ihren Einkauf leichter zu machen“. Die Spannung steigt.

Tipp zwei besagt, dass jeder Kunde nur einen Artikel je Modell oder Art kaufen kann. „Damit so viele Kunden wir möglich Artikel aus der Kollektion (…) erwerben können.“ Um diese Lex Ha-und-Emma verstehen zu können, wird Tipp zwei als Tipp vier wiederholt. Mit dem Zusatz: „Bitte beachten Sie, dass ein Platz in der Warteschlange nicht unbedingt den Kauf eines Artikels aus der Kollektion garantiert.“

Auf die ebenso tiefgründigen Tipps fünf bis sieben – etwa die „Auswahl des Geschäfts“ – wollen wir hier nicht weiter eingehen. Wohl aber auf Tipp drei, der für die deutsche Shoppinglandschaft geradezu bahnbrechend ist. Er heißt: „Bitte anstellen“. Vor allem, „wenn Sie schon vor Geschäftsöffnung eintreffen“ sollten.

Sollten H&M-Kunden diese sieben Punkte am Ende immer noch nicht verstanden haben, hilft H&M vor Ort. In der Warteschlange (sic!) „sagen unsere Mitarbeiter dann, wie Sie einkaufen können.“